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Besuche macht man Kahne ab. In festlichem Schinucke fährt man Sonntags in
Kähnen zur Kirche. In ernstem, feierlichem Schweigen folgen auf Kähnen die Leid-
tragenden der Leiche eines Berstorbenen, welche zu Kahn nach dem Gottesacker
gebracht wird. Der Förster besucht zu Kahne sein Revier, verfolgt zu Kahne den
a?olz- und Grasdieb, fährt zu Kahne auf die Jagd, holzt zu Kahne. Der Fremde,
welcher zur Sommerzeit diese Gegend besucht und zu Kahne bereifst, hat einen
reichen Genuß. Die hohen, uralten Sichen, Erlen und andere Baumarten, welche
die Ufer besäumen, bieten in der Sommerschwüle einen erquickenden Schatten und
lpiegeln ihr dunkeles Laub lieblich in dem klaren Wasser. Unter einem Laubdache
gleitet das Fahrzeug sanft dahin. Und wenn nun gar der Abend hereinbricht und
der Mond sein blasses Licht durch das leise flüsternde Laub der Bäume wirft, dann
ist der Anblick überaus köstlich.
Ein ganz anderes Bild gewährt der Winter. Kauin hält das Eis, so schnallt
sich alle Welt Schlittschuhe an. Das arme alte Mütterchen, das sich Raff- und
Leseholz sammelt, der Holzhauer, der Förster, Männer, Weiber und Kinder, alle
gleiten dann pfeilschnell über die spiegelblanken Kanäle.
Roch vor wenigen Jahren war der Spreewald belebt von mancherlei Thierge¬
schlechtern, die hier ihr Wesen trieben. Hirsche und Rehe gab es in Menge. Be¬
sonders fanden Wasservögel, als: Kraniche, Schwäne, Störche, weiße und schwarze
Auerhähne, Birkbühner u. a. reichliche Nahrung. Heute ist das anders geworden;
die Kugel des Jägers hat arg aufgeräumt. ,
Die Bewohner des Sprecwaldes treiben Fischfang, doch leben sie auch voin
Gartenbau. Der Boden zeigt einen üppigen Pflanzenwuchs, und das Gras kann
öfter iin Jahre geschnitten werden. Man 'fährt das Heu nicht ein, sondern stellt
cs in Haufen in Form eines Zuckerhutes auf, nachdem man eine paffende Unterlage
gebaut hat, um es vor Ueberschwemmungen zu schützen.
161. Das Königreich Wairrn.
Baiern enthält einen Flächenraum von 1400 mithin beinahe den achten
Theil des ganzen Bundesgebietes. Die baierschen Besitzungen sind mit Ausnahme
der Pfalz icnseits des Rheines sehr abgerundet, und die Bevölkerung ist durch Sitte
und Religion weniger gespalten als in anderen Gegenden Deutschlands. Obgleich
die Bevölkerung, namentlich in den Gegenden von Altbaiern, nicht so dicht ist, wie
in den kleineren Staaten Süddeutschlands, so ernährt Baiern doch fast 4*/a Mill. C
(2/s kathol., r/z Protest.), und ist also stärker als Würtemberg. Baden und Hessen-
Darmstadt zusammen, welche gemeinschaftlich ein Armeecorps zur Bundesarmee
stellen, während Baiern für sich ein solches bildet und auch die kleine Bundesfestung
Landau allein besetzt. Baiern wird in 8 Landschaften getheilt. Das eigentliche
Baierland liegt an der Donau und deren Nebenflüssen, dem Lech, der Isar und dem
Inn, welche aus den Alpen kommen und eine hoch liegende Ebene durchströmen.
Deshalb ist dort das Klima nicht jo mild als am Main und Rhein, und vom Wein¬
baue ist dort nicht die Rede. Aber der Ackerbau und die Viehzucht sind einträglich
genug, daß das Volk nicht in Fabriken seinen Unterhalt zu suchen nöthig hat. Dort
in Altbaiern liegt die Hauptstadt München an der Isar mit 132,000 E., sodaß ihm
in Deutschland nur Wien, Berlin und Hamburg vorangehen. 'An neuen, schönen
Bauwerken und Sammlungen von Geinälden, Bildsäulen und anderen Kunstwerken
übertrifft sogar München die anderen Hauptstädte Deutschlands. Auch hat München
wahrscheinlich die zahlreichste Bibliothek in Deutschland, denn dieselbe soll aus
600,000 Bänden bestehen Auch die Universität wetteifert in der Zahl der Studenten
mit der zu Berlin. Für den Fremden ist also Vielerlei dort zu sehen, auch die
königlichen Lustschlösser in der Nachbarschaft werden ihm gefallen. Daß in München
so ungeheuer viel Bier getrunken wird und daß das Volk keinen höheren Genuß
kennt, kann dem Ausländer wohl auffallen, indessen muß man doch bedenken, daß
dadurch der weit schädlichere Branntwein verdrängt ist, und daß gutes Bier der
Gesundheit am Wenigsten schadet. Die Brauereien in München und Baiern über¬
haupt gehören zu den großartigsten Gewerben, sie fördern den Ackerbau, und die
Ausfuhr des baierschen Bieres ist nicht unbedeutend.
Die Stadt Passau (12,000 E.) war früher Residenz eines selbstständigen
Bischofs. Die beiden alten Hauptorte von Niederbaiern sind Landshut und Strau¬
bing. Regensburg (24,000 E.) war Anfangs Baierns Hauptstadt und Sitz der
Herzoge, dann freie Reichsstadt und zuletzt beständiger Sitz des Reichstages. Die