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Die Franken bis zum Untergange der Merowinger.
schon das Versprechen; nun sei auck du nicht dem König entgegen." Ich
antwortete ihnen: „Und wenn ihr mir tausend Pfund Silber und Gold
gäbet, so könnte ich nichts andres thun, als was der Herr mir zu thun
geboten hat. Das Eine nur verspreche ich: was die übrigen nach den
Satzungen der Kirche beschließen werden, dem werde auch ich beitreten."
Jene verstanden offenbar nicht, was ich sagte; denn sie dankten und ent¬
fernten sich. Als es Morgen geworden war, kamen auch etliche von den
Bischöfen zu mir; die hatten einen ähnlichen Auftrag, und ich gab ihnen
etwa dieselbe Antwort." —
Am folgenden Tage wurden die Verhandlungen fortgesetzt. Der König
klagte Prätextatus des Diebstahls an, weil man mehrere Beutel mit Gold
und Kleinodien in Rouen bei ihm gefunden hatte. Prätextatus bewies,
daß sie ihm von der Königin Brunhilde zur Aufbewahrung anvertraut
seien. Da der König nun sah, daß er auf diese Weise Fredegundes Willen
nicht erfüllen könne, war er verlegen und ging alsbald von dannen. Darauf
rief er einige seiner Hofleute zu sich und trug ihnen auf, zu Prätextatus zu
gehen und ihm zu raten, er möge sich demütigen und schuldig bekennen,
dann würden sie bei dem König, der ja weichherzig und leicht znm Mitleid
geneigt sei, seine Verzeihung erwirken. Wirklich ließ sich Prätextatus be¬
reden ; in der nächsten Versammlung warf er sich zur Erde und sprach:
„Ich habe gesündigt im Himmel und vor dir, gnädigster König. Ich bin
ein ruchloser Mörder, ich wollte dich töten und deinen Sohn auf deinen
Thron erheben." Bei diesen Worten kniete der König vor den Bischöfen
nieder und rief: „Ihr hört, fromme Bischöfe, wie dieser Verbrecher sein
abscheuliches Vergehen bekennt." Sie hoben den Weinenden auf, worauf er
sich entfernte. Nun hoffte wohl Prätextatus, die Gnade des Königs werde
sich zeigen. Aber Chilperich sandte den Bischöfen alsbald die Sammlung
der Kirchengesetze, denen auch die angeblich apostolischen Satzungen, welche
die gallische Kirche nicht anerkannte, angeheftet waren. Darin stand folgendes:
„Wenn ein Bischof des Mordes, Ehebruchs oder Meineides überführt wird,
soll er seines bischöflichen Amtes entsetzt werden." Dies wurde auf Prä¬
textatus anwendbar gefunden. Aber Chilperich verlangte, es solle dem
Schuldigen das Gewand zerrissen und er für immer aus der Gemeinschaft
der Gläubigen gestoßen werden. Als Prätextatus dies hörte, stand er wie
erstarrt. Und der Bischof Berthram von Bordeaux trat zu ihm und
sprach: „Höre, Bruder und Mitbifchof, du besitzest des Königs Gunst nicht
mehr und kannst deshalb auch unser Freund nicht sein, ehe du nicht Ver¬
zeihung von ihm erlangt hast." Gregor allein widersprach dem Ansinnen
des Königs mit dem höchsten Eifer und berief sich auf das Versprechen
des Königs, daß nichts gegen die Satzungen der Kirche geschehen solle.
Dennoch wurde Prätextatus verhaftet und, da er in der Nacht einen Flucht-