Full text: Lesebuch für hannoversche Volksschulen

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74. Der Hamster. 
Der Hamster, der besonders in Mitteldeutschland lebt, ist ein 
rechtes Bild des Geizes. Den ganzen Sommer und Anfang des 
Herbstes durch schleppt er in seinen Backentaschen Getreide zusam¬ 
men in seinen künstlichen Bau hinein, ist dabei so geizig und hart¬ 
herzig, unverträglich und boshaft gegen seinesgleichen, daß nicht 
einmal sein eigenes Weibchen in seinen Bau hinein darf, sondern 
seinen eigenen haben muß, und daß, wo sich zwei Hamster begegnen, 
sie sich meist so lange beißen, bis der eine todt ist, der dann vom 
andern aufgefressen wird. Selbst das Weibchen jagt seine Jungen 
nach drei Wochen, da sie noch ganz klein sind, aus seiner Höhle 
hinaus, und benimmt sich dann, wo es ihnen begegnet, als ihre 
ärgste Feindin. Und recht sonderbar ist es: im südlichen Rußland 
und in Sibirien gibt es ein Thier, das zum Geschlechte des Iltis 
gehört; dieses beißt den Hamster todt, und trägt wohl zehn solcher 
Geizhälse in seinen Bau hinein, der noch dazu ein Hamsterbau ist, 
aus welchem es den Hamster vertrieben hat. So wird der harther¬ 
zige Geiz in feiner eigenen Manier durch einen fremden Geiz bestraft, 
und ein Stärkerer tragt sich die selber als Vorrath ein, die ihr gan¬ 
zes Leben nichts thaten, als Vorräthe sammeln, wovon sie niemand 
etwas mittheilen. Im Gothaischen hat man zuweilen in einem 
Jahre wohl 27000 Hamster erlegt. Man gräbt ihre Baue gar gern 
auf, weil sich darin ein Vorrath des besten, auserlesensten Getrei¬ 
des von wohl 60 Pfund findet. Jede Sorte liegt da rein von der 
andern abgesondert, wie bei geldlustigen Leuten die Pfennige, Gro¬ 
schen und Thaler besonders sortiert liegen.^ Übrigens, um doch auch 
einen guten Zug vom Hamster anzuführen, fript er auch nebenbei 
Maikäfer und Heuschrecken, wodurch er doch auch einigen Nutzen 
stiftet. 
75. Der Maulwurf. 
Unter allen Thieren, die ihre Jungen säugen, ist der Maul¬ 
wurf das einzige, das seiner Nahrung allein in dunkeln Gängen 
unter der Erde nachgeht. — „Und an dem einen ists zu viel," wird 
mancher sagen, der an seine Felder und Wiesen denkt, wie sie mit 
Maulwurfshügeln bedeckt sind, wie der Boden zerwühlt und durch¬ 
löchert wird, wie die Gewächse oben absterben, wenn das heimtückische 
Thier unten an den Wurzeln weidet. 
Wahr ist es und nicht zu leugnen, daß er durch seine unter¬ 
irdischen Gänge hin und wieder den Boden durchwühlt und ihm 
etwas von seiner Festigkeit raubt. Wahr ist ferner, daß durch 
die herausgestoßenen Grundhaufen viel fruchtbares Land bedeckt, 
und die darunter liegenden Keime im Wachsthum gehindert, ja er¬ 
stickt werden können. Dafür ist jedoch in einer fleißigen Hand der 
Rechen gut. Aber wer hats gesehen, daß der Maulwurf die Wur¬ 
zeln abfrißt? Wer kanns bezeugen? Nun, man sagt so: „Wo die 
Wurzeln abgenagt sind und die Pflanzen sterben, wird man auch 
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