Full text: Der deutsche Kinderfreund

513 
und der heiligen Schrift. 
nun unter das staunende Volk, mit der Erklärung, daß 
er der Sohn und Gesandte Gottes, der verheißene Mes¬ 
sias, sey. Cr mischt sich unter die Anhänger und Ver¬ 
ehrer des Johannes, und läßt sich von diesem taufen, 
um den Mann zu ehren, der mit unerschrockener Frei- 
müthigkeit dem Volke und seinem grausamen Beherr¬ 
scher die Wahrheit sagte. Johannes aber ruft ihm ent¬ 
gegen : sehet das Lamm Gottes, welches der Welt Sün¬ 
den trägt! 
Jesus betrachtete mit schmerzlicher Wcbmuth das Elend 
seines Volkes. Von seinen Priestern und Schriftgclehr- 
ten im Aberglauben bestärkt, und in der tiefsten Unwis¬ 
senheit erhalten, hielt er das Opfern und das gcdanken, 
lose Hersagen langer Gebete, die genaue Beobachtung 
der vorgeschriebenen Fasten und Reinigungen, für Fröm¬ 
migkeit; er verehrte Gott mit den Lippen, indeß das 
Herz fern von ihm war. Jesus ruft alle Mühseligen 
und Beladene zu sich, und verheisit ihnen, daß er sie er¬ 
quicken, und ihnen Ruhe geben wolle für ihre Seele, 
wenn sie sein Joch auf sich nehmen, und von ihm lernen 
wollten. Durch wundervolle Heilung macht er die 
Aufmerksamkeit des Volkes rege, und erwirbt sich Liebe 
und Vertrauen als Erretter der Unglücklichen. Bald ist 
das ganze Land mit dem Rufe seiner Thaten, seiner 
Weisheit und seiner Menschenliebe erfüllt, und Tausende 
sammeln sich um ihn, wo er erscheint. „Er predigt ge¬ 
waltig und nicht wie die Schrifrgclchrten; so wie dieser, 
har noch nie ein Mensch geredet;" das sind die Urtheile, 
welche man über ihn fällt, und die den Neid und die 
Eifersucht der Schriftgelehrten gegen ihn rege machen. 
Ein großer Prophet, heißt es von ihm, ist unter uns 
aufgestanden, und Gott will sein Volk heimsuchen. Doch, 
wie sehr man auch den Wundertbäter anstaunt, und 
rühmt, er muß dennoch mit schwerem Herzen klagen: 
„mit sehenden Augen sehen sie nicht, und mit hörenden 
Ohren hören sie nicht;" nur sehr Wenige achten auf seine 
Lehren und Ermahnungen, und nehmen sie zu Herzen. 
Nur zwölf getreue Schüler, die er seine Apostel oder 
Boten rrgnnte, und späterhin noch 70 andere, sammelt 
er endlich in den niedern Ständen, unter den Fischern 
und Zöllnern. Sie begleiten ihn, und werden von ihm 
ausgesandt, seine Erscheinung anzukündigen. Sein schönes
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.