Full text: Der deutsche Kinderfreund

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Wald gingen, da sprach der Wolf: „Rotfuchs, schaff mir was zu fressen, 
oder ich fresse dich selber auf!“ Da antwortete der Fuchs: „Ich weiß 
einen Bauernhof, wo ein paar junge Lämmlein sind, hast du Lust, so 
wollen wir eins holen.“ Dem Wolf war das recht, sie gingen hin, und 
der Fuchs stahl das Lämmlein, brachte es dem Wolf und machte sich 
fort. Da fraß es der Wolf auf, war aber damit noch nicht zufrieden, 
sondern wollte das andere dazu haben und ging es holen. Weil er es 
aber so ungeschickt machte, ward es die Mutter vom Lämmlein gewahr 
und fing an entsetzlich zu schreien und zu bläen, daß die Bauern herbei⸗ 
gelaufen kamen. Da fanden sie den Wolf und schlugen ihn so erbärmlich, 
daß er hinkend und heulend bei dem Fuchs ankam. „Du hast mich schön 
angeführt,“ sprach er, „ich wollte das andere Lamm holen, da haben mich 
die Bauern erwischt und haben mich weich geschlagen.“ Der Fuchs 
antwortete: „Warum bist du so ein Nimmersatt!“ 
Am anderen Tage gingen sie wieder ins Feld, sprach der gierige 
Wolf abermals: „Rotfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich fresse dich 
selber auf!“ Da antwortete der Fuchs: „Ich weiß ein Bauernhaus, 
da bäckt die Frau heute abend Pfannkuchen, wir wollen uns davon holen.“ 
Sie gingen hin, und der Fuchs schlich ums Haus herum, guckte und 
schnupperte so lange, bis er ausfindig machte, wo die Schüssel stand, 
zog dann sechs Pfannkuchen herab und brachte sie dem Wolf. „Da hast 
du zu fressen,“ sprach er zu ihm und ging seiner Wege. Der Wolf 
hatte die Pfannkuchen in einem Augenblick hinuntergeschluckt und sprach: 
„Sie schmecken nach mehr,“ ging hin und riß geradezu die ganze Schüssel 
herunter, daß sie in Stücke zersprang. Da gab's einen gewaltigen 
Lärm, daß die Frau herauskam, und als sie den Wolf sah, rief sie die 
Leute, die eilten herbei und schlugen ihn, was das Zeug halten wollte, daß 
er mit zwei lahmen Beinen laut heulend zum Fuchs in den Wald 
hinauskam. „Was hast du mich garstig angeführt!“ rief er, „die Bauern 
haben mich erwischt und mir die Haut gegerbt.“ Der Fuchs aber ant— 
wortete: „Warum bist du so ein Nimmersatt!“ 
Am dritten Tage, als sie beisammen draußen waren, und der Wolf 
mit Mühe nur forthinkte, sprach er doch wieder: „Rotfuchs, schaff mir 
was zu fressen, oder ich fresse dich selber auf!“ Der Fuchs antwortete: 
„Ich weiß einen Mann, der hat geschlachtet, und das gesalzene Fleisch 
liegt in einem Faß im Keller, das wollen wir holen.“ Sprach der Wolf: 
„Aber ich will gleich mitgehen, damit du mir hilfst, wenn ich nicht fort 
kann.“ „Meinetwegen,“ sagte der Fuchs und zeigte ihm die Schliche
	        
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