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große Gestirne, welche man die zwölf himmlischen Zeichen nennt, stehen am Himmel
in einem hohen Kreis um die Erde herum. Sie heißen: der Widder, der Stier,
die Zwillinge, der Krebs, der Löwe, die Jungfrau, die Wage, der Skorpion, der
Schütz, der Steinbock, der Wassermann, die Fische.
Eins folgt auf das andere, und das letzte schließt an das erste wieder an, nem-
lich die Fische an den Widder. Dies ist der Thierkreis. Er steht aber noch viel
höher am Firmament, als die Sonne, und sie steht von hier aus betrachtet immer
zwischen den zwei Linien, die seinen Rand bezeichnen, und in einem Zeichen derselben.
Denn ob sie gleich noch weit herwärts desselben steht, so meint man doch wegen der
sehr großen Entfernung, sie befinde sich in dem Zeichen selbst. Wenn sie aber heute
in dem Zeichen des Sleiubocks steht, so steht sie nach dreißig Tagen nicht mehr im
Zeichen des Steiubocks, sondern im nächsten, und je nach dreißig Tagen immer in
dem nächstfolgenden, und daran erkennt man, daß die Erde in ihrem Kreislauf unter¬
dessen vorwärts gegangen sei. Es kann nicht fehlen. Zu dem allem sagt
Fünftens und letztens der Copcrnikus wieder, wenn gleichwohl die Achse der Erd¬
kugel gegen die Sonne wagrecht läge, und die Erde drehte sich auch so, und sie be¬
wegte sich wagrecht in einer vollkommen runden Zirkellinie um die Sonne, also
daß die Sonne genau im Mittelpunkt des Zirkelkreises stände, so müßte Jahr aus
Jahr ein und aus allen Orten der Erde Tag und Nacht gleich sein. Ja es müßte
mitten auf der Erde ein ewiger Sommer glühen, weiterhin zu beiden Seiten am
Abhang der Kugel milderte und kühlte sich die Hitze ein wenig, je schiefer die
Sonnenstrahlen herabfielen, und näher gegen die Pole hin herrschte ein Winter ohne
Trost und ohne Ende. Aber es ist nicht so, sagt der Sternseher. Die Achse der
Erde liegt nicht wagrecht und nicht senkrecht gegen die Sonne, sondern schief in
einem Winkel von sieben und sechzig Graden (wers versteht). In dieser Richtung gegen
die Sonne dreht sich die Erde in vier und zwanzig Stunden um, in dieser Richtung
wandelt sie in einem Jahr um die Sonne ebenfalls nicht senkrecht, sondern schief;
und dadurch entsteht denn der Wechsel der Jahreszeiten.
Der Frühling beginnt um den ein und zwanzigsten März; die Sonne steht
gleich weit von beiden Polen über der Erde, Tag und Nacht find gleich. Die Sonne
scheint immer näher zu kommen und immer höher am Himmel aufzusteigen, der Tag
und die Wärme nehmen zu, die Nacht und die Kälte nehmen ab.
Der Sommer beginnt am ein und zwanzigsten Juni. Alsdann steht die Sonne
am höchsten über unserem Haupt, und dieser Tag ist der längste. Von da an kommt
die Sonne immer schiefer gegen uns zn stehen, und die Tage werden kürzer.
Der Herbst beginnt am ein und zwanzigsten September. Tag und Nacht sind
wieder gleich, die Tage und die Wärme nehmen immer mehr ab, die Nächte und
die Kühle nehmen zu.
Der Winter beginnt am ein und zwanzigsten December. Der geneigte Leser
verschläft alsdann die längste Nacht, und die Sonne steht so tief, daß sie ihm noch
früh um neun Uhr durch des Nachbars Kaminhut in das Stüblein schauen kann,
wenn die Fensterscheiben nicht gefroren sind.
Hieraus ist zu gleicher Zeit zu erkennen, daß nie auf der ganzen Erde die
vemliche Jahreszeit herrscht. Denn zu gleicher Zeit und in gleichem Maße, wie
sich die Sonne von unserem Scheitelpunkt entfernt, oder wir von der Sonne, kommt
sie höher über diejenigen zu stehen, welche gegen den andern Pol hinaus wohnen,
und umgekehrt ebenso.