Full text: Deutsches Lesebuch für die oberen Abtheilungen ein- und mehrklassiger Elementarschulen in der Stadt und auf dem Lande

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Am 7. Juni als am ersten Pstngsttage des Jahres 1840 beschloß der 
geliebte König Friedrich Wilhelm III. seine irdische Laufbahn, nachdem er 
42 Jahre lang unter eben so großen Stürmen des Schikksals, als unter großem 
göttlichen Segen regiert und sein Haus für die Ewigkeit wohl bestellt hatte. 
DaS Erste, was sein Sohn und Nachfolger- 
Friedrich Wilhelm IV. (1840 — ?), der jetzt regierende König, that, 
war, daß er seinem Volke sagte: Er sei vor Gott en tsch l ossen, in den 
Wegen seines Vaterö zu wandeln. Darauf empfing er zuerst im 
September desselben Jahres 1840 zu Königsberg in Pr., und dann am 15. 
Oktober zu Bcrliu die Huldigung seines treuen Volkes. Als aber der König ^u 
Königsberg diese Huldigung empfangen und vom Throne herab mit Thränen in 
den Augen vor Gott gelobt hatte: ein gerechter Richter- ein treuer, 
sorgfältiger, barmherziger Fürst und ein christlicher König zu 
sein, — und als nicht allem in Königsberg, sondern auf dem ganzen Wege 
ihm daö Volk aller Orten von Grund seines Herzens entgegen gejauchzt hatte; 
da wvlltcns ihm mit dem Allen bei seiner Rükkkehr nach Berlin die Berliner 
fast zu viel machen, und er sagte: „Ich habe noch Nichts gethan. Soll ich nun 
diese Aeußerungen dankbar annehmen, so bedinge ich mir auö, daß, wenn es 
mir einst unter Gottes Beistand gelingen wird, recht Viel für daö Land gethan 
zu haben, und ich kehre dann wieder zurükk, Sie mich ganz still in diese 
Mauern einziehen lassen." So demüthig sprach der König; denn er wollte nicht, 
daß er schon so viel geehrt würde, wie sein Vater geehrt war, den er gar nicht 
vergessen kann und ihn so lieb hat, daß er, alö ein recht gehorsamer Sohn, 
Alles so ausrichtet, wie er weiß, daß es sein Vater hat haben wollen. — Als 
aber nun an seinem Geburtstage der neue König auch in Berlin die Huldigungen 
empfing, und er auch hier vor Gott gelobte, wie er regieren wollte, da sagte er 
zu den Fürsten und Großen des Landes: „Ich weiß, daß ich dem Aller¬ 
höchsten Herrn, von dem ich meine Krone habe, Rechenschaft 
schuldig bin von jedem Tage und von jeder Stunde meiner 
Regierung. Wer Gewährleistungen fü r die Zukunft verlangt, 
dem gebe ich diese Worte. Eine bessere Gewährleistung kann 
weder ich, noch irgend ein Mensch auf Erden geben. Sie wiegt 
schwerer und bindet fester, als alle Versicherungen auf Erz und 
Pergament verzeichnet; denn sie strömt auS dem Lehen und 
wurzelt im Glauben." Und dann sagte er zu seinem versammelten Volke: 
„Im feierlichsten Augenblikke der Erbhuldigung meiner deutschen Lande, 
„der edelsten Stämme des edelsten Volkes, und eingedenk der unaussprech¬ 
lichen Stunde zu Königsberg, die sich jetzt wiederholt, rufe ich zu Gott dem 
„Herrn, er wolle mit seinem allmächtigen Amen die Gelübde bekräftigen, die 
„eben erschollen sind, die jetzt erschallen werden, die Gelübde, die ich zu 
„Königsberg gesprochen, die ich hier bestätige. — Ich gelobe, mein Regiment 
„in der Furcht Gottes und in der Liebe der Menschen zu führen; mit offnen 
„Augen, wenn es die Bedürfnisse meiner Völker und meiner Zeit gilt; mit 
„geschlossenen Augen, wenn es Gerechtigkeit gilt. Ich will, so weit meine 
„Macht und mein Wille reichen, Friede halten zu meiner Zeit — wahrhaftig 
„und mit allen Kräften das edle Streben der hohen Mächte unterstützen, die 
„seit einem viertel Jahrhundert die treuen Wächter über den Frieden Europa’s 
„sind.“ (De» Königs Worte fanden in dein jubelnden Znruf der Menge einen freudigen Wie¬ 
derhol!.) „loh will vor Allem dahin trachten, dem Vaterlande die Stelle zu 
„sichern, auf welche es die göttliche Vorsehung durch eine Geschichte ohne 
„Beispiel erhoben hat, auf welcher Preussen zum Schilde geworden ist für 
„die Sicherheit und die Rechte Deutschlands. In allen Stükkcn will ich so 
„regieren, dass man in mir den ächten Sohn des unvergesslichen Vaters und
	        
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