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Wir sollen unserer Vernunft folgen in unsern Urtheilen; denn Gott
hat einem jeden Menschen Vernunft gegeben, die er gebrauchen soll.
Wir sollen die Vernunft anderer anhören, sie prüfen, vergleichen und
unsere darnach berichtigen, wenn wir noch nicht ganz gewiß waren,
oder die unsrige befestigen, wenn wir Recht hatten. Die Vernunft
dürfen wir überall brauchen; denn wir sollen überall Menschen, das
heißt „vernünftige Geschöpfe" sein.
Wer seinen Verstand nicht aufgehellt und gebildet hat, der ist zu
keinem Geschäfte des Lebens vorzüglich geschickt, und in Gefahr, sich
beständig zu verirren. Er weiß nie recht bestimmt und gewiß, waS
seine Pflicht in diesem oder in jenem Falle, welches in diesem oder
jenem Falle die beste Weise, zu handeln, sei. Er thut entweder zu viel
oder zu wenig, thut sich oder andern Schaden. Er kann über keinen
Vorfall, wo es oft wichtig und nöthig ist, schnell und richtig urthei¬
len und muß sich dann auf andere verlassen, die es vielleicht eben
so wenig können, oder die wohl gar die Absicht haben, ihn zu hinter¬
gehen. Wer seinen Verstand nicht gebildet und sich nicht Kenntnisse
über die gewöhnlichen Dinge und Erscheinungen in der Welt erwor¬
ben hat, der ist in Gefahr, eine Menge abergläubiger Meinungen
zu behalten oder anzunehmen, die entweder seine Ruhe stören, ihn
ängstlich machen, von dem Wesentlichen der Religion und der Lebens¬
pflicht abziehen, oder gar ihm und seinem Nächsten durch Unwissen¬
heit und Thorheit empfindlich schaden. Die leeren Einbildungen von
Teufelswirkungen, Hererei, Gespenstern, Kobolden und Zaubereien
aller Art setzen den Leichtgläubigen in manche Furcht, über die der
Vernünftige nur lächelt. Die Bosheit und List mancher Menschen
bedient sich dann der Einfalt anderer, um ihre schändlichen Absichten
durch Betrug zu erreichen. Die Erscheinungen der Natur selbst versetzen
manchen, der keine richtigen Begriffe und keine Belehrung darüber
hat, in die größten Schrecken. Der wohlthätige Donner ist ihm ein
furchtbares Strafgericht, der Blitz eine Zornflamme, indeß doch der
allgütige Gott diese Erschütterungen der Luft und der Erde zur grö߬
ten Wohlthat geordnet hat. Mit Verstand und Vernunft hat man
überall die nöthige Gegenwart des Geistes und sieht sogleich die wahre
Ursache, woher etwas entsteht, oder muthmaßet sie doch ziemlich
richtig, und keine Furcht kann sich unserer bemächtigen.
3oh. Göttlich Scume.
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