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einander liegenden Terrassen, die insgesammt eine Höhe von 360 Fuß hatten, 
und von denen jede auf großen steinernen gewölbten Hallen ruhte. Die Unter» 
läge der Terrassen bestand aus dicken Steinplatten, über welchen sich eine 
Schicht Asphalt (Erdpech), mit Schilfrohr vermengt, befand; sodann folgte 
eine zweifache Schicht von Steinen, die durch Gyps verbunden waren; hier¬ 
über lagen dicke Bleiplatten und auf diesen endlich die Erdschicht der Terrasse 
und zwar von solcher Dicke, daß die größten Bäume darin wurzeln konnten. 
Auf der obersten Terrasse stieg ein Springbrunnen in die Höhe, mit dessen 
Wasser sämmtliche Gartenanlagen in kurzer Zeit übergössen werden konnten. 
Der große See endlich, der eine Länge und Breite von je 81/.* Meile 
und eine Tiefe von 35 Fuß hatte, war dazu bestimmt, die Ueberschwemmungen 
des Euphrat zu regeln. Als er fertig war, ließ Semiramis den Strom hinein 
leiten und während dessen in dem Bette desselben einen gewölbten Gang 
bauen, durch welchen die Paläste auf den beiden Ufern in Verbindung gebracht 
wurden. Und diese ganze Arbeit soll in 7 Tagen vollendet worden sein ! 
Aber all' die Pracht und Herrlichkeit vermochte nicht, das Herz der Se¬ 
miramis zu befriedigen. Des Herrschens müde, übergab sie ihrem Sohne 
Ninyas die Regierung und zog sich in die Einsamkeit zurück. Die Sage aber 
geht, daß sie sich in eine Taube verwandelt habe und davon geflogen sei. 
2. Von den alten Aegyptern. 
In der heiligen Schrift, liebe Kinder, habt ihr gewiß schon Manches von 
den allen Aegyptern gelesen und mich dünkt, es wird euch nicht unlieb sein, 
wenn ihr hier noch Einiges davon findet. 
Die alten Aegypter wußten auch, daß in diesem unserm Leibe ein un¬ 
sterblicher Geist wohne; aber daß dieser Geist zu Gott komme, wenn der Leib 
stirbt und begraben wird, das wußten sie nicht. Sie meinten dagegen: wenn 
ein Mensch stirbt, so fährt seine Seele in einen Thierleib, die Seele des Mu- 
thigen in einen Löwen, des Unreinlichen in ein Schwein, des Listigen in einen 
Fuchs u. s. w. Aber in diesem neuen Leibe, meinten sie ferner, bliebe die 
Seele natürlich nicht ewig, sondern wandere immer und immer wieder in 
einen andern, bis sie nach 3000 Jahren in ihren alten, ersten Leib zurück¬ 
kehre. Sie nannten das die Seelenwanderung. Aber wie dann, wenn bei der 
endlichen Rückkehr der Seele der alte Leib nun schon vermodert war? — Daß 
es einen allmächtigen Gott gebe, der den verwesten Leib wieder frisch und 
schön machen könne und wolle, das wußten sie nicht. Sie suchten sich also auf 
andere Weise zu rathen und zu helfen. Wenn Jemand starb, so nahmen sie 
demselben das Gehirnmark aus dem Kopfe und die Eingeweide aus dem 
Leibe, weil diese Stücke am leichtesten faulen. Dann salzte^ sie den übrigen 
Leichnam mit Salpeter oder andern scharfen Salzen tüchtig*ein — 40 bis 70 
Tage lang — füllten nun die leere Leibeshöhle mit wohlriechendem Balsam 
an und überzogen außen die Haut mit durchsichtigem Firniß. Solche einbal-
	        
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