Object: Das Jahrhundert des Großen Kurfürsten (Bd. 1)

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streiten, so lange noch ein Atemzug in ihnen wäre, und bei Aufträgen 
verschwiegen sein wie das Grab. Ihre Anzahl war gering, 1617 
nur gegen 50. Johann Sigismund ließ für diesen Dienst im Jülich- 
scheu Leute anwerben, meist Reformierte. Das Fußvolk, die „Tra- 
banten-Garde", war'vornehmlich mit dem Dienste im Schlosse zu 
Kölln betraut. Bei den fürstlichen Leichen gab sie die Ehrenwache 
und ging bei allen feierlichen Aufzügen im Gefolge. Hierbei trugen 
die Trabanten einen Spieß, dessen Spitze sie nach unten kehrten. Da 
sie bei allen Festlichkeiten Paradierten, hielt man sie gern gut und 
gleichmäßig gekleidet. 
Als Besatzung der Festungen hatte man die „Waffen- oder 
Landsknechte". Es waren dies die eigentlichen Soldaten, angewor¬ 
bene Leute, nur zum Teil noch mit Piken, meistens schon mit Mus¬ 
keten bewaffnet. Am Ende des 16. Jahrhunderts sind sie schon in 
Hauptmannschaften geteilt. Man sah darauf, daß sie sich fleißig im 
Gebrauche der Feuerwaffe übten, schon deshalb, „damit sie sich nicht 
unter einander selbst beschädigten". Jeder Schütze bekam monatlich 
5 Gulden, der geschicktere aber 6. Ihre Anzahl belief sich nur aus 
einige hundert. Die Artillerie und das Gefchützwefen befand sich im 
dürftigsten Zustande. 
Dies waren die militärischen Einrichtungen Brandenburgs, mit 
denen es in die kriegerischen Verwirrungen des 17. Jahrhunderts 
eintrat. Die wenigen geworbenen Soldaten machten kein Heer aus; 
die Hauptsache sollte immer noch das Aufgebot sein. Aber sehr bald 
ergab es sich, daß dieses sich überlebt hatte und seinen Zweck nicht 
mehr erfüllte. Die frühere Waffentüchtigkeit war verschwunden, die 
Unlust, in den Krieg zu ziehen, allgemein geworden. In der langen 
Friedenszeit hatten die Bürger den kriegerischen Sinn verloren, mit 
ihrer Selbständigkeit auch Tapferkeit und Kampfeslust eingebüßt. Der 
ihnen noch immer obliegende Wachtdienst war zur Last, die alte Be¬ 
festigung der Städte dem neuen Kriegswesen gegenüber ebenso unzu¬ 
reichend geworden, wie die Bewaffnung der Bürger selbst. Schwert 
und Spieß konnten vor dem Feuergewehr nicht mehr bestehen; dieses 
sich anzuschaffen, kam den meisten zu teuer, und obgleich Johann 
Sigismund alles Mögliche that, die Bürger zur Übung in der neuen 
Waffe zu ermuntern, gab es doch nur sehr wenige, die mit ihr um¬ 
zugehen verstanden. Die Menge derjenigen, welche sich der Musterung 
und dem Wachdienste zu entziehen wußten, wuchs von Jahr zu Jahr, 
so daß das Aufgebot immer schwächer an Zahl wurde; kleinere Städte 
kauften sich durch Geldzahlung ganz vom Kriegsdienste los. Der 
märkische Adel hatte sich noch seine alte Tapferkeit bewahrt; er brauchte 
sie aber meist nur in fremden Kriegsdiensten, wo es Ehre und 
Beute zu gewinnen gab; dem eigenen Landesherrn gegenüber zeigte 
auch er sich lässig. 
Als bei Gelegenheit des Jülichschen Erbfolgestreites Erzherzog 
Leopold 1610 mit einem Einfalle in die Mark' drohte, und man hier 
das Aufgebot erließ, zeigte die Musterung dasselbe in einem kläglichen 
Zustande. Das Fußvolk erschien nur unvollzählig und in schlechtester
	        
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