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ihm endlich die heilige Eommunion; er aber setzte seine Buße
stille fort bis an sein Ende und erließ auf Verlangen des heiligen
Bischofs das Gesetz, daß kein Todesurtheil mehr vor dreißig Tagen
vollzogen werden dürfe, damit der Kaiser Zeit gewinnen möge, vor¬
eilige Todesnrtheile zu widerrufen.
Theodosius starb 395 und hinterließ das Reich seinen zwei
Söhnen, welche sich in die Regierung theilten. Are ad ins erhielt
das Morgenland mit der Hauptstadt Constantinopel und Ho-
norins das Abendland mit der Hauptstadt Rom. Von nun
an gab es also zwei römische, von einander ganz unabhängige
Kaiserreiche, von denen jedoch das abendländische unter meh¬
reren schwachen Regenten bald seiner Auslösung entgegen gieng. Im
Jahre 476 setzte nämlich Odoaker, der Anführer deutscher Volks-
stämme, die den Römern als Hilfsvölker dienten, den letzten Kaiser
Romulus Angustulus ab, und gründete so das erste deutsche
Königthum in Italien. Nach 17 Jahren wurde ihm jedoch sein
Reich durch die Ostgothen, die damals in Pannonien oder Ungarn
wohnten, wieder entrissen, indem diese ihn besiegten, zum Tode ver-
urtheilten und ihren geliebten Theodorich zum Könige von Italien
ausriefen.
Das morgenländische Kaiserthum erhielt sich fast 1000
Jahre länger und wurde besonders durch Iustinian wieder zu
großer Macht erhoben. Seine Feldherrn Narfes und Belisar
zerstörten das vand alische Reich in Afrika und eroberten das nach
Theodorich wieder tiefgesunkene ostgothische Reich, welches aber später
von den Langobarden in Besitz genommen wurde. Auf Iustinian
folgten meistens Regenten, die keiner besondern Erwähnung werth
sind und unter denen nach und nach die schönsten Provinzen an aus¬
wärtige Feinde verloren giengen. Dennoch erhielt sich das ost¬
römische Kaiserthnm bis zum Jahre 1453, wo es die Türken
zerstörten und auf seinen Trümmern das türkische Reich gründeten.
28. Die altcu Deutschen.
Deutschland, unser Vaterland, war vor 2000 Jahren ein un¬
freundliches, rauhes und kaltes Land, voller Sümpfe und Wal¬
dungen, welch' letztere vielen wilden Thieren, wie z. B. Bären, Wöl¬
fen und Auerochsen zum Aufenthalte dienten. Sogar das Rennthier,
das nur in einem kalten Klima leben kann und jetzt nur noch in
den nördlichsten Erdgegenden heimisch ist, wurde ehemalsin Deutsch¬
land häufig gefunden. Auch die Bewohner unseres Vaterlandes,
unsere Urväter, die alten Deutschen, waren damals so wild und
rauh, wie ihre Heimat. Sie wußten Nichts von Wissenschaft und
Bildung; sie kannten keine Schrift, trieben keine Gewerbe, hatten