147
über Lydien geherrscht hatten, war Gyges der Mermnade der Stif¬
ter eines dritten gewesen. Der letzte dieses Stammes war der durch
seine Reichthümer sprichwörtlich gewordene Krösus. Er hatte sich
alle griechischen Pflanzstädte an der Küste zinspfllchtig gemacht und
seine Herrschaft im Osten bis an denHalys ausgedehnt. Fast ganz
Kleinasien war ihm unterthänig. Krösus war der Schwager des
von Cyrus gestürzten medischen Königs Astyages und befürchtete
von Cyrus mit Krieg überzogen zu werden. Im Vertrauen auf
die ihm ertheilten Orakelsprüche suchte Krösus dem Angriffe des
Cyrus zuvorzukommen und begann den Krieg. Verheerend drang
er über den Halys vor; Cyrus rückte ihm entgegen und es wurde
eine Schlacht geliefert, welche unentschieden blieb.
Die Truppen des Krösus waren an Kriegskunst denen des Cy¬
rus überlegen und die ihm unterworfenen Völker, denen er ihre
Verfassung gelassen hatte, waren ihm treuergeben. Sein Heerwar
aus den Truppen der verschiedenen kleinasiatischen Länder zusammen¬
gesetzt und wurde von den Fürsten jener Länder, den Vasallen des
Krösus, befehligt, während das persische Heer zum großen Theil aus
Medern und Persern bestand und an strengen Gehorsam gewöhnt
war. Krösus meinte, daß das persische Heer aus einer ungeordne¬
ten Masse bestehe und deswegen nicht leicht in Bewegung gesetzt
werden oder doch an den Grenzpässen seines Landes während des
Winters durch wenige Truppen aufgehalten werden könne, und ent¬
ließ in dieser Meinung die Truppen seiner Vasallen, in der Absicht
den Krieg im nächsten Frühjahr wieder zu beginnen. Mein Cyrus
drang schnell über die schwachbcsetzten Grenzen des lydischen Reiches,
besiegte die eiligst zusammengebrachten lydischen Truppen, eroberte
nach einer kurzen Belagerung die Hauptstadt Sardes und nahm den
König gefangen (546 v. Chr.). Cyrus beschloß anfangs den Tod des
Krösus, und dieser stand schon auf dem Scheiterhaufen, als er drei¬
mal den Namen Solon ausrief. Um die Ursache befragt, antwor¬
tete Krösus, daß einst in den Tagen des Glückes der weise Solon
ihn auf die Wandelbarkeit desselben aufmerksam gemacht habe, und
daß jetzt sein Schicksal ihn von der Wahrheit dieses Ausspruches
überzeuge. Cyrus schenkte dem Krösus das Leben, behandelte ihn
mit Achtung und benutzte bei seinen späteren Unternehmungen dessen
Rath. Unter den Rathschlägen des Krösus wird auch ein sehr merk¬
würdiger die Lydier betreffender erwähnt. Es sollen diese eine Em¬
pörung versucht und Cyrus sie als Sklaven zu verkaufen beschlossen
haben. Da rieth Krösus, um die Lydier vor diesem schrecklichen
Loose zu bewahren, ihnen die Waffen zu nehmen und zu gebieten,
daß ihre Knaben nur im Tonspiel und Gesang geübt und zu Kauf¬
leuten erzogen würden. So würden sie bald entnervt werden und
keinen weiteren Aufstand versuchen. Der Rath soll ausgeführt wor¬
den und dadurch die Lydier ein weichliches und unkriegerisches Volk
geworden sein.
Nach Unterwerfung der Lydier ließ Cyrus die griechischen Pflanz¬
städte erobern, welche die persische Herrschaft nicht anerkennen wollten,
und mit Ausnahme von zweien fügten sie sich bald seiner Ucbermachl.
Nach einem im Oriente zum Theil noch jetzt üblichen Verfahren ließ
Cyrus den griechischen Städten ihre Verfassung und setzte nur in
10 *