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Sagen von
großen Fin¬
then.
Reste urwelt-
licher Thiere.
Gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts wurde Gottlieb
Werner der Begründer der wissenschaftlichen Geologie, Sein Grund¬
satz einer überall anzutreffenden gesetzmäßigen Lagerungsfolge derselben
Gebirgsglieder hat sich zwar nicht für die ganze Erdoberfläche be¬
währt, ist aber doch der Anknüpfungspunkt für alle spätern For¬
schungen geworden. Nach der verschiedenen Beschaffenheit der großen
Lagerungen unterschied Werner drei Hauptabtheilungen, Formatio¬
nen, als eben so viele Epochen der Erdrindenbildung; Urgebirge aus
einer Zeit, in welcher es noch keine organischen Geschöpfe gab, und
in welcher noch keine Trümmergesteine gebildet wurden; Flötzgebirge
aus einer spätern Zeit, wo organische Schöpfungen entstanden und
untergingen und wo sich aus der Zerstörung des früher vorhandenen
Gesteins zahlreiche Trümmcrgesteine bildeten; zwischen beide setzte
Werner das Uebergangsgebirge. Auf das Flötzgebirge folgt dann das
tertiäre Gebirge, und auf dieses das aufgeschwemmte Land, ein äl¬
teres, Diluvium, und ein jüngeres, Alluvium. Werners Erdbildungs¬
lehre ist eine rein neptunische. Der ganze Erdkörper ist nach ihm
aus dem Wasser hervorgegangen. Um das Entstehen der Kontinente,
welche einst Meeresgrund waren, und den mehrfach wiederholten Un¬
tergang früherer organischer Schöpfungen zu erklären, nimmt er ein
wiederholtes Anschwellen und Zurückziehen des Meeres an.
Aus der Schule Werners gingen die Männer hervor, welche
die Einseitigkeit seines Systemes mit glänzendem Erfolge bestritten
und der Feuerbildung wieder einen großen und mächtigen Wirkungs¬
kreis angewiesen haben, Leopold v. Buch und Alexander v. Hum¬
boldt. Und seitdem schreiben die meisten Geognosten die Bildung
unserer Erdrinde der vereinten Thätigkeit des Wassers und der Vul-
kane zu. Auch nach der Entstehung des Menschengeschlechts dauerte
der Kampf der Elemente, Fluthen und Ueberschwemmungen, Zerstö¬
rungen und neue Gestaltungen Jahrhunderte lang fort. Daher fin¬
den wir fast in allen Ländern, in denen sich eine dunkle Kunde
von der Vorwelt erhalten hat, Sagen von gewaltsamen Verheerun¬
gen durch die Elemente, von Ueberschwemmung und Sündfluth.
Das Andenken an eine große Wasserfluth ist erhalten in der
biblischen Erzählung von der Sündfluth und in den Sagen anderer
Völker, welche mit der mosaischen Ueberlieferung höchst merkwürdig
übereinstimmen. Wie in der biblischen Erzählung Noah, so werden
in der indischen SageKöuig Satjavrata, in der babylonischen König
-kisuthrus, in der griechischen Deukalion von der Gottheit allein zur
Rettung bestimmt, während das übrige Menschengeschlecht wegen sei¬
ner Verderbtheit untergeht. Wegen einer solchen Uebereinstimmung
können wir vermuthen, daß alle diese Erzählungen entstanden sind
durch die Erinnerung an eine Ueberschwemmung, die einen großen
Theil Südwestasiens betroffen haben mag.
Daß die Revolutionen, welche der Erdoberfläche im Ganzen
ihre gegenwärtige Gestalt gegeben haben, auch die organische Schö¬
pfung theilwcise zerstört haben, geht aus den Ueberresten und Ab¬
drücken hervor, welche innerhalb der Gebirgslagerungen vorkommen.
Fossile Knochen, welche heutigen Thierarten angehören, kommen nur