Full text: Geschichte der neueren und neuesten Zeit (Theil 3)

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Individuen, aber er begründete doch ein gewisses äußeres Wohlbefinden 
der Indianer und war besser, als alles das, was später der Liberalis- 
mus in jenen Ländern geschaffen hat. Der Aufstand der Indianer 
wurde allein den Jesuiten zugeschrieben, weil diese bei dem unbedingten 
Gehorsam, den ihnen ihre Beichtkinder bewiesen, die Indianer leicht 
hätten zur Unterwerfung unter die königlichen Befehle bewegen können. 
Aus diesem Indianer-Aufstande sind die Maßregeln herzuleiten, welche 
zuerst in Lissabon, dann in Paris und Madrid gegen den Orden ergrif¬ 
fen wurden und die zuletzt die Aufhebung des Ordens herbeiführten. 
Der Minister Pom bal war es, welcher dem Jesuiten-Staate in 
Amerika ein Ende machte und welcher unmittelbar darauf in Portu¬ 
gal den Vernichtungskamps gegen die Jesuiten begann. Pombal hatte 
lange Zeit zu London und Paris diplomatische Geschäfte besorgt; er 
hatte die französische Philosophie und die neuen Einrichtungen europäi¬ 
scher Staaten kennen gelernt und nach seiner Rückkehr nach Portugal die 
Ueberzeugung gewonnen, daß seine Landsleute durch die Jesuiten, in deren 
Händen sich die Regierung und aller Unterricht befand, um mehr als ein 
Jahrhundert hinter dem übrigen Europa zurückgehalten worden wären. 
Pombal war ein äußerst kräftiger und energischer Mann und hatte den 
größten Einfluß auf den König Joseph Emanuel. Die Jesuiten selbst 
gaben Pombal Gelegenheit, mit dem größten Nachdruck gegen sie zu 
verfahren, als sie die politischen Reformen Pombal's und die Härte, 
mit welcher diese durchgeführt wurden, benutzten, um ihn bei der könig¬ 
lichen Familie und beim Volke als eilten gottlosen, gefährlichen Menschen 
zu verdächtigen. Die Jesuiten wurden 1757 vom Hofe entfernt und 
durch andere Gastliche ersetzt. Pombal ließ zwei officielle Schriften 
drucken, in welchen das Verfahren gegen die Jesuiten durch Nachwei¬ 
sungen über das Treiben derselben in Südamerika und Portugal gerecht¬ 
fertigt und alle Monarchen aufgefordert wurden, die Jesuiten als Feinde 
der Fürstenmacht zu verfolgen. Diese Schriften wurden in ganz Europa 
verbreitet und trugen nicht wenig zu den Maßregeln bei, welche bald 
auch von anderen Regierungen gegen ven Orden ergriffen wurden. 
Vom Papste verlangte Pombal eine gänzliche Reform des Ordens. 
Der Papst ernannte den Erzbischof Saldanha zum Visitator und 
Reformator des Jesuiten-Ordens in Portugal, und dieser erklärte die 
Jesuiten für schuldig, dem päpstlichen Befehl zuwider Handel und 
Wucher getrieben zu haben. Saldanha untersagte den Jesuiten das 
Predigen und die Abhaltung von Beichten. Ein Mordanschlag auf den 
König gab Pombal Gelegenheit, auch mehrere angesehene Jesuiten ins 
Gefängniß zu werfen. Daß ganze Vermögen der Jesuiten wurde 1759 
in Beschlag genommen. Der Papst konnte sich der Zumuthung nicht 
erwehren, als Pombal von ihm die Erlaubniß verlangte, den Orden 
durch die weltlichen Gerichte zu verfolgen. Auf Pombal's Befehl wur¬ 
den 113 Jesuiten, zum Theil alte und achtbare Männer, auf ein Schiff 
gebracht und an die Küste des Kirchenstaates geschafft. Ein königliches 
Edict verbannte alle Jestüten als Rebellen und Verräther aus dem 
Reiche und bedrohte sie mit dem Tode, wenn sie wieder zurückkehren 
würden. Unmittelbar nachher wurde wieder eine Anzahl Jesuiten unter 
Mühsalen und Entbehrungen nach Eivitavecchia gebracht. 
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