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Bilder aus Europa. — Rußland.
Man kann sich nichts herrlicheres denken als diese Küste, die durch
eine hohe Bergkette hegen die Nordwinde vollkommen geschützt ist. Diese
Berge lassen hinter sich eine zweite nördliche Linie erblicken, die sich wellen¬
förmig und amphitheatralisch über 25 Meilen weit hinzieht und sich dem
Auge als ein Riesenpanorama darstellt. — Wälder, Thäler, Obstgärten,
Wiesen wechseln mit kahlen, wandartig emporsteigenden Felsgrupppen; auf
rasenbedeckten Abhängen, welche von Flüssen und Bächen durchzogen sind,
zeigen sich hier und da Dörfer mit schlanken Minarets' italienische Villen,
prachtvolle Schlösser und englische Cottages erheben sich zwischen den Berg¬
schluchten und in den Thälern, aus den Gipfeln der Anhöhen und an den
Ufern der Gewässer. Erbsenbaum, Cppresse und Pinie, Weinrebe und
Oelbaum mischen m mannigfachen Abstufungen ihr saftiges Grün. Orangen,
Granaten, Mandeln und Myrten geben ein reiches Bild durch die Farben¬
pracht ihrer Blüthen; der großblättrige Feigenbaum hebt sich von der Obst-
anpflanzung besonders ab.
Hier weiden Schafheerden, geleitet von einem schwarzbärtigen Hirten,
dort lagern Kameele, bewacht von einem Führer in langem Kaftan. Und
nun überall ringsum das große farbenreiche Bild. Der azurfarbene
Rahmen, das zauberisch schöne Meer — das diese lieblichen Ufer in
seinem tiefen Spiegel zurückstrahlt —- dabei die goldigen Lnhtreslexe am
fernen Horizonte, jene durchsichtigen Nebel, jene Vorgebirge mrt ihrer
dunkeln Färbung — jenes Ganze von Schönheit, Reiz und Harmonie der
Natur unter dem glänzenden Himmel: das ist die südliche Krim!
Jenseit der Berge an ihrer nördlichen Abdachung sind andere Fern¬
and Ansichten, andere Gegenden, von ernsterem, aber immerhin reizenden
und malerischen Charakter. Hier finden wir große Thäler und Städte,
von denen besonders Karassou-Basar, als der bevölkertste und belebteste
Punkt der Krim, Simferopol, sowie Bachtschi-Sarai das Wunderbare,
jenes tatarische Granada, zu nennen sind.
Nach H. von Lankenau. („Das heutige Rußland").
15. Die Schlammvulkane bei Jcnikalc.
Nicht weit von dem Dorfe Bulganak (bei Jenikale auf der Krim)
befindet sich eine Gruppe von Schlammvulkanen, die längs des Abhanges
einer ziemlich tiefen Schlucht liegen, und deren kegelförmige Spitzen nur
schwer von den kleinen Hügeln zu unterscheiden sind, welche ihre Umgebung
bilden. Sämmtliche Vulkane haben die Form eines abgestumpften Kegels
und bestehen aus einer graugelben Schlammmasse, welche an den Rändern
der Krater zahlreiche Risse und Spalten zeigt, durch welche der flüssige
Schlamm sich einen Weg in die Ebene gebahnt hat. Nur mit großer Mühe
gelang es mir, mich dem Rande des größten Kraters zu nähern, weil der
weiche Schlamm bei jedem Fußtritte nachgab und mir die Befürchtung nahe
legte, ganz in denselben zu versinken. Der horizontale Gipfel des Kraters
hat die Form eines regelmäßigen Kreises von etwa 8 Meter Durchmesser,
an dessen Umfang der Schlamm einer dichten teigartigen Masse gleicht,
während er im Mittelpunkt eine flüssige Masse bildet, aus der sich beständig
Gasblasen erheben, die beim Zerplatzen einen eigenthümlichen metallischen
Ton hören lassen, und einen schwachen Geruch von Schwefel und Naphtha
um sich her verbreiten.
Bei jedem Fußtritte aus den Rand des Kraters gerieth der Schlamm
in der Mitte desselben in heftige Bewegung und vermehrte sich die Zahl der
aufsteigenden Gasblasen. Ich senkte meine Hand in den Schlamm und fand
dessen Temperatur bedeutend niedriger als die der atmosphärischen Luft.