Full text: Geographische Bilder aus allen Erdtheilen

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Bilder aus Europa. — Skandinavien und Dänemark. 
und so wandelt die Karawane, die mindestens zweihundert, zuweilen aber 
mehr als zweitausend Geweihe zählt, die öden Fjellen aufwärts in die 
unermeßlichen Wüsten, begleitet von der Familie und umkreist von den 
wachsamen Hunden. Der Hausvater bestimmt endlich einen zur Winterrast 
geeigneten Drt Hier baut er seine Hütte oder Gamme, wie sie der Lappe 
nennt. Dabei sucht er $ern Nähe einer geschützten Schlucht, wo Birke 
und Kiefer wächst, wo ern Bach niederstürzt, und er baut dann diese Hütte 
etwas fester als das leichte Sommerzelt, bedeckt sie von außen mit Rasen, 
bekleidet sie innen mit den Fellen des Thieres, dem er alles verdankt und 
erwartet nun, umringt von seinen Vorräthen, die weiße, warme Decke, welche 
der Himmel ihm aus den Wolken schickt. Der Schnee fällt meterhoch, aber 
das Rennthier achtet das nicht. Es weiß mit seinen Hufen die Hülle fort- 
zuscharren, weiß die Kräuter und Moose darunter zu finden und irrt auf 
diesen ungeheuern Schneefeldern umher, ohne je eines Stalles oder einer 
Wartung zu bedürfen. 
Reben dem Wohnzelte des Lappen steht meist noch ein Zelt; hier 
speichert er auf, was er an Mehl, Fellen und Geräthen besitzt. Gewöhnlich 
aber hat er nichts als einige hölzerne Schüsseln, einen Kessel, einige Kleidung¬ 
stücke, einige Pelzdecken, und an den Zeltstangen hangen die Renntbiermagen, 
in welchen er seinen Milch- und Käsevorrath verwahrt. Auf einer anoern Seite 
der Hütte ist 
aus Pfählen 
eine Art Hür¬ 
de gemacht, in 
welcher die 
Rennthiere 
zweimal des 
Tagesgemol- 
ken werden. 
Dies ist das 
Anziehendste 
fürdenFrem- 
den, der eine 
Gamme be¬ 
sucht. Die 
Hunde und 
Hirten treiben die Heerde herbei, und die schönen Thiere mit den klugen, milden 
Äugen bilden einen Wald von Geweihen. Die Kälber umringen oie Mütter, 
die Zungen Thiere erproben spielend und stoßend ihre Kraft und unaufhör¬ 
lich hört man jenes seltsame Knistern, das aus dem Knacken der Kniegelenke 
des Rennthiers entsteht. Beim Melken wird jedem Thiere eine Schlinge 
übergeworfen, damit es still stehe, und diesen Zügelriemen gebrauchen die 
Lappen mit derselben bewunderungswürdigen Geschicklichkeit wie die Indianer 
ihren Lasso. Das Rennthier giebt wenig Milch, aber sie ist fetter als jede 
andere und außerordentlich nahrhaft. Jedes Familienglied bekommt seinen 
Theil; ein anderer wird zu der täglichen Suppe verwendet, welche, mit Mehl 
oder auch mit Rennthierblut oder Fleisch gemischt, eine wohlschmeckende, 
stärkende Speise gewährt. Der Rest der Milch wird zu Käse gemacht. Im 
Winter läßt man die Milch auch wohl gefrieren, so daß man sie in Tafeln 
schneiden kann. Sie verliert dabei durchaus nichts von ihrer süßen Frische 
und ist namentlich auf Reisen ein sehr dienliches Nahrungsmittel. Fleisch 
und Milch des Rennthiers sind überhaupt die wichtigste Nahrung des Lappen, 
und nur durch die Krästigreit derselben wird es ihm möglich, die Furcht¬ 
barkeit des Winters zu überdauern. 
Lappen mit Schlitten.
	        
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