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Anhang.
^er würdige Hofrath Johannes Falk zu Weimar,
der im Jahre 1813, nach der Völkerschlacht bei Leip¬
zig eine Menge Vater- und Mutterloser, hülflos her-
umirrcnder Waisen aufnahm, sie kleidete, pflegte, für
ihre Erziehung und ihren Unterricht sorgte, und sie
nachher bei rechtschaffenen Meistern in die Lehre brachte,
erzählt in seinem Büchlein, betitelt: „Das Vater¬
unser,^ folgende lehrreiche Geschichten.
„Dein Reich komme."
Cs war im harten Winter des Jahres 1819, als
ich, mit einigen meiner Kinder, zu Abend, in einem
kleinen Gartenhause, saß. Wir hatten kurz zuvor einen
Spaziergang in's Freie gemacht, und die muntern Kna¬
ben hatten sich, rechts und links, auf dem frischgefalle¬
nen Schnee eins ausgetrabt. Im Kamin knisterte das
Feuer, und auf dem Tische stand eine erwärmende Suppe
aufgetragen. v Eben gedachten wir, uns daran zu setzen,
und eins von den Kindern schickte sich an, das uralte
Tischgebet: „Komm, Herr Jesu, sey unser Gast," ein¬
fältig und kindlich herzusagen, als sein jüngerer Bruder
die Frage auswarf: „Sage mir doch, lieber Vater, wer
„ist denn der Herr Christus, den du alle Tage so sorg¬
fältig zu Tische bittest? Wo wohnt er? Und warum
„kommt er nicht? Wenn du mir sagst, wo er sich auf-
„hält, so will ich wohl-hingehen und ihn abrufen!" '
Vater. Du bist ein liebes Kind! Unser Gast
kommt schon noch! Glaube ja nicht, daß er unsere Ein¬
ladung verschmäht!