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wartet. Als aber der Doctor das Rezept in die Hand
nahm und sehen wollte, wer bei ihr gewesen sei, und
was für einen Trank, oder was für Pillen er ihr ver¬
ordnet habe, erstaunte er auch nicht wenig, und sagte
zu ihr: „Frau, ihr seid einem guten Arzte in die Hände 5.
gefallen; denn er hat euch fünf und zwanzig Dublonen
verordnet, beim Zahlamt zu erheben, und unten dran
steht: Joseph, wenn ihr ihn kennt. Eine solche Arz¬
nei hätt' ich euch nicht verschreiben können." Da that
die Frau einen Blick gegen den Himmel, und konnte 10.
nichts sagen vor Dankbarkeit und Rührung, und das
Geld wurde nachher richtig und ohne Anstand von dem
Zahlamte ausbezahlt, und der Doctor verordnete ihr
einen Trank; und durch die gute Arznei und durch die
gute Pflege, die sie sich jetzt verschaffen konnte, stand sie 15.
in wenig Tagen wieder auf gesunden Beinen. Also hat
der Doctor die kranke Frau geheilt und der Kaiser die
arme, und sie hat sich nachgehends wieder Verheirathel
und lebte noch lange.
255. Die Entdeckung Amerikas.
Christoph Columbus war aus Genua in Italien ge- 20.
bürtig, aber schon sehr früh nach Portugal gekommen.
Er, der schon als Knabe sich eifrig mit der Erdkunde
beschäftigt hatte, kam auf den Gedanken, man müsse In¬
dien erreichen können, wenn man von Europa aus ge¬
rade nach Westen in's offene Meer hineinsteuere. Er 25.
dachte: Die Erde ist eine Kugel, Indien liegt weit nach
Osten hin; es reicht also vielleicht bis nahe nach Europa
herum. Auf seinen Reisen nach den Azoren hörte er
auch von Seeleuten erzählen, daß sie an den Küsten die¬
ser und der kanarischen Inseln Holzstämme im Meere .20.
schwimmend gefunden hätten, die von allen in Europa
bekannten Baumarten verschieden wären; ja andere be¬
haupteten sogar, sie hätten einmal zwei Leichname auf
dem Meere schwimmen sehen, die in Farbe und Gesichts¬
bildung von den Bewohnern Europas und Afrikas ganz 33
abweichend gewesen wären. So erwachte in ihm die Be¬
gierde, den neuen Weg nach Indien aufzusuchen. Er¬
bat deshalb seine Vaterstadt Genua um Schiffe; vergeb¬
lich. Er wendete sich an den König von Portugal, Jo¬
hann H.) und trug diesem seinen Plan und seine Hoff- 40.