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Schüler arbeiten und lernen mußte. Er war ein sehr fleißiger und folgsamer
Schüler.
2. Vorbereitung auf den Herrscherberuf. Mit 18 Jahren hatte Prinz
Wilhelm die Abgangsprüfung auf dem Gymnasium bestanden und besuchte nun
die Hochschule (Universität) zu Bonn. Hier studierte er die Rechts- und
Staatswissenschaften. Dann lernte er alles kennen, was zur Verwaltung eines
großen Staates notwendig ist. Hierbei zeigte er großen Eifer. Auch zu
einem tüchtigen Offizier bildete sich Prinz Wilhelm aus. Er war unermüdlich
im Dienste und übte seine Soldaten tüchtig ein. Später erhielt er Anleitung,
wie der Staat zu verwalten ist und wie die Unterhandlungen mit anderen
Staaten geführt werden müssen. So wurde er nach allen Seiten für seinen
hohen Beruf vorbereitet.
3. Vermählung. Im Jahre 1881 vermählte sich Prinz Wilhelm mit
Auguste Viktoria, der Tochter des Herzogs von Schleswig-Holstein-Sonder-
burg-Augustenburg. Die deutsche Kaiserin ist am 22. Oktober 1858 geboren
und ausgezeichnet durch große Frömmigkeit und wahre Herzensgüte.
Sie besucht die Krankenhäuser, tröstet die Leidenden und sendet ihnen erquickende
Speisen. Sie giebt auch Geld für Suppenanstalten und Volksküchen, damit
die armen Leute billiges und gutes Essen bekommen. Wenn sie erfährt, daß
jemand in Not ist, so sucht sie zu helfen, so viel sie kann.
Gott hat dem Kaiserpaare sechs Söhne und eine Tochter geschenkt. Der
älteste ist Wilhelm, der Kronprinz des deutschen Reiches, geboren am 6. Mai
188 2; die anderen Söhne heißen: Friedrich (Eitelfritz), Albert, August, Oskar
und Joachim. Die Tochter heißt Viktoria Luise.
4. Thronbesteigung. Am 15. Juni 1888 wurde Wilhelm H. König
von Preußen und Kaiser von Deutschland.
Damals sprach er zu seinem Volke „Auf den Thron Meiner Väter be¬
rufen, habe Ich die Regierung im Aufblicke zu dem Könige aller Könige
übernommen und Gott gelobt, nach dem Beispiele Meiner Väter Meinem
Volke ein gerechter und milder Fürst zu sein, Frömmigkeit und Gottes¬
furcht zu pflegen, den Frieden zu schirmen, die Wohlfahrt des Landes
zu fördern, den Armen und Bedrängten ein Helfer, dem Rechte ein
treuer Wächter zu sein." Das ganze Volk freute sich über dieses Versprechen.
Einige Tage nach der Thronbesteigung versammelte» sich die Abgeord¬
neten des deutschen Volkes in Berlin und gelobten dem Kaiser Treue und
Gehorsam. Auch die deutschen Fürsten kamen nach Berlin, um zu zeigen,
daß alle Deutschen einig und fest zusammenhalten. Kaiser Wilhelm II. wußte,
daß viele ihn für einen kriegslustigen Herrscher hielten. Daher sprach er zu
jener glänzenden Versammlung: „Ich bin entschlossen, Frieden zu halten mit
jedermann, soviel an Mir liegt."
5. Wirken für den Krieden. Kaiser Wilhelm hat die Friedens-
thätigkeit seines Großvaters nach jeder Richtung fortgesetzt.
Zur Sicherung des äußeren Friedens sind weitere Fortschritte in
der Bewaffnung und Einübung des Heeres gemacht worden. Durch Reisen
und Zusammenkünfte mit den Herrschern von Österreich, Italien, Rußland,
England, Schweden und Dänemark wurde1 feer Frieden befestigt, besonders aber
durch die Erneuerung des Bündniffes mit Österreich und Italien.