Das germanische Mittelalter.
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54. Ein jeder Amtmann soll dafür sorgen, dafs unser Gesinde
(nicht nur nach Mafsgabe seiner Dienstpflicht, sondern auch)
für den eigenen Hausstand ordentlich arbeite uud nicht mit
Umherlaufen auf den Märkten seine Zeit vergeude.
55. Wir wollen, dafs, was die Amtleute zu unserem Haushalt
gegeben haben oder an Hofdiensten geleistet und sonst noch
geliefert haben, sie in ein besonderes Rechnungsbuch schreiben
(breve), und was sie selbst auf dem Gute verbraucht haben,
in ein anderes; und was übrig geblieben ist, darüber sollen
sie uns eine Berechnung geben.
56. Ein jeder Amtmann halte in seinem Bezirk häufige (Hof-
gerichts^Termine1) ab und pflege Recht und achte auch darauf,
dafs unser Gesinde ordentlich lebe.
57. Wenn irgend einer unserer Hörigen gegen seinen Vor¬
gesetzten2) bei uns in unseren Angelegenheiten etwas Vor¬
bringen will, so soll der Amtmann ihm nicht untersagen, an
den Hof des Königs zu reklamieren. Und wenn der Amt¬
mann erfahren haben sollte, dafs seine Unterbeamten, um ihn
zu verklagen, zu uns kommen wollen, dann soll der Amtmann
selbst uns die Gründe ihnen gegenüber aufsetzen, weshalb sie
kommen wollen (zu seiner Verteidigung und zur sachdienlichen
Information des Königs), damit ihre Klage in unsern Ohren
keinen Überdrufs errege. Und wir wollen auf diese Weise
erkennen, ob sie mit berechtigtem Grunde oder aus Vorwand
kommen.3)
58. Wenn unsere jungen Hunde den Amtleuten anvertraut sind,
so soll der Amtmann selbst sie aus seinem eigenen Ein¬
kommen ernähren oder seinen Unterbeamten, d. i. Meiern,
Vögten oder Kämmerern sie anbefehlen, dafs sie von ihrer
Habe die Hunde gut nähren, falls nicht zufällig ein Befehl
von uns oder der Königin gegeben ist, dafs sie dieselben auf
auf unserem Gute auf unsere Kosten erhalten. Und dann
soll der Amtmann selbst jemand beauftragen, der sie gut
pflege. Und er soll die Kost für die Hunde besonders heraus¬
geben, und jener Mensch soll nicht veranlafst werden, täglich
zu den Scheuern zu laufen.
1) Gemeint ist das „Ding“ der Hofmark, das der Amtmann leitete
(nicht das Volksgericht unter dem Grafen). Die Gutsinsassen (Haib¬
und Vollfreie) bildeten den Umstand. 2) Magister = der Leitende in
jeder Berufsart. 3) Also der Gutsinsasse soll das Recht haben, gegen
den Vorgesetzten „an den Hof des Königs zu dingen“ (nach dem
ius reclamandi ad regis definitivam sententiam). In anderen Fällen,
wenn es sich also nicht um den Vorgesetzten handelt, hat ihn der
letztere zu vertreten (s. c. 29).