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die den derzeitigen Marktverhältnissen entsprechende Früchte tragen, 
die wiederum durch Anwendung der uns heute zur Verfügung stehen¬ 
den Nährmittel zu vollkommener Schönheit und zum besten Wohl¬ 
geschmack heranreifen, sind die Fanggürtel zur Vertilgung des Un¬ 
geziefers angelegt und ist endlich unsern Freunden, den insekten¬ 
fressenden Vögeln, Gelegenheit zum Brüten geboten?“ 
Schon bei diesen Fragen wird uns der seiner Ansicht nach voll¬ 
kommen neuzeitliche Besitzer groß ansehen und sich verlegen hinter 
den Ohren kratzen. Die Verlegenheit wird sich aber noch steigern, 
wenn wir, weil einmal im Zuge, weiter forschen, ob die schon 
zur Kienspanzeit vorhandene Grasnarbe endlich einmal umgebrochen 
sei, um den Boden zu lüften und bei der Gelegenheit reichlich mit 
bestem, frisch gebranntem, gemahlenem oder gelöschtem Staubkalk zu 
durchsetzen bzw. zu entsäuern. Ob ferner alljährlich 3 Zentner 
Thomasmehl, 4 Zentner Kainit und 1 Zentner schwefelsaurer Ammo¬ 
niak auf 1/4 Hektar gestreut werde, damit sich die Nährstoffe in der 
Zeit an die Baumwurzeln ziehen können, wo der dichte Filz der Gras¬ 
wurzeln ruht. 
Wenn wir dann noch weiter gehen und wissen wollen, ob die 
alten Knechts-, Mehl-, Wasser- und derartige Birnenbäume, deren 
Früchte die schon nicht gern mehr essen mochten, die beim Kienspan 
saßen, beseitigt und durch solche ersetzt sind, welche heutzutage 
auf dem Markt gesucht sind, da wird der in die Enge Getriebene aus¬ 
rufen: „Lassen Sie mich mit solchen Sachen in Ruhe, wem das nicht 
schmeckt, was meine Vorfahren für gut gefunden haben, der läßt eben 
die Finger davon, ich habe die Bäume so vorgefunden, warum soll 
ich sie gerade durch andere ersetzen?“ Halten wir unserm Freund 
nun bloß noch vor, daß er doch auch kleines, wenig schönes Vieh 
übernommen und durch rassenechtes ersetzt habe, dann ist er ge¬ 
schlagen. Er nimmt sich bestimmt vor, daß er im nächsten Herbst in 
_ seinem Garten fürchterliche Musterung halten, daß er alles, was 
schwach, veraltet oder krüppelhaft ist, unbarmherzig hinauswerfen, 
daß er in die umgebrochene Grasnarbe tüchtig Kalk und dann die 
vorher angegebenen Nährstoffe einarbeiten und daß er endlich nach 
allen Regeln der Kunst neu pflanzen wird. So ganz ohne Kampf und 
Widerspruch geht das aber auch nicht ab, für den einen Baum legt 
wohl die Schwiegermutter, für den andern die Frau ein gutes 
Wort ein, indem sie meint, der habe ja doch hin und wieder noch 
einige Früchte getragen. Der nunmehr ganz Neuzeitliche aber weist 
sie mit den Worten ab: „Ach was, die alte Schecke gab nach dem 
Kalben auch noch einige Liter Milch, ihr meintet aber doch, sie 
schände den ganzen Stall, sie passe nicht zu den andern; so wie
	        
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