Full text: Anschaulich-ausführliches Realienbuch

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3. Hlntergang bev Kimbern. 101 v. Chr. Indessen stiegen die Cimbern 
über die Alpen. Die eis- und schneebedeckten Berge machten ihnen viel Vergnügen; 
sie ließen ihren nackten Körper beschneien, und wenn es bergab ging, setzten sie sich 
auf ihre breiten Schilde und rutschten ins Thal hinab. Marius, der inzwischen die 
Teutonen besiegt hatte, stellte sich ihnen in der Po-Ebene bei Vercellä entgegen. Die 
Cimbern schickten Gesandte zu ihm und ließen ihm sagen: „Gieb uns und unsern 
Brüdern, den Teutonen, Land, wo wir wohnen können." Da entgegnete Marius: 
„Eure Brüder haben schon Land, wo sie ewig bleiben werden." Zum Beweise zeigte 
er ihnen den gefangenen Teutobod. Racheschnaubend kehrten die Gesandten zurück; 
nun mußte das Schwert entscheiden. Die Cimbern bildeten ein großes Viereck, dessen 
vorderste Reihen sich mit Ketten aneinander gebunden hatten. Es war ein heißer Tag, 
und die Sonne schien ihnen noch dazu ins Gesicht; auch trieb ihnen der Wind den 
Staub in die Augen. Bald mußten sie weichen, und die meisten von ihnen wurden 
erschlagen. Wer aber fliehen wollte, den töteten die Weiber, die, in schwarze Kleider 
gehüllt, auf der Wagenburg hinter den Kämpfern saßen. Als sie den Untergang ihrer 
Männer vor Augen sahen, warfen sie ihre Kinder zur Erde, ließen sie von den Hufen 
der Tiere und den Wagenrädern zermalmen und gaben sich dann selbst den Tod. — 
3. Kernrcrnn. 6er Befreier 6er Deutschen. 9 n. Chr. 
1. Keurschcrft der: Wörner. Etwa zur Zeit der Geburt Christi kam das deutsche 
Land bis zum Rheine und zur Donau unter römische Herrschaft. Biele Deutsche traten 
in römische Kriegsdienste, und die Söhne der Edlen wurden nach Rom geschickt, um 
dort erzogen zu werden. Am Rhein und an der Donau errichteten die Römer Städte 
und feste Plätze (Augsburg, Straßburg, Worms, Köln, Trier rc.) und führten römi¬ 
schen Gottesdienst, römisches Recht und römische Sitten ein. 
2. Drusus. Der Kaiser Augustus aber wollte sich das ganze Deutschland unterwer¬ 
fen. Mit einem gewaltigen Heere ging sein Stiefsohn Drusus über die Weser und drang 
vis zur Elbe vor. Hier stellte sich ihm — wie die Sage berichtet — ein riesenhaftes Zau¬ 
berweib entgegen und sprach drohend zu ihm: „Wohin, unersättlicher Drusus? Es ist dir 
nicht beschicden, alle diese Länder zu.schauen; kehre um, du stehst am Ziele deines Lebens!" 
Erschreckt kehrte Drusus um; beim Übergang über die Saale stürzte er mit dem Pferde, 
brach ein Bein und starb bald darauf. 
3. Wcrrus. Im Jahre 6 n. Chr. schickte der Kaiser seinen Feldherrn Varus als 
Statthalter nach Deutschland. Dieser errichtete an der Weser ein festes Lager und 
behandelte ganz Norddeutschland wie eine römische Provinz. Er hob die alten Schieds¬ 
gerichte auf und setzte römische Richter ein, die in ihrer Sprache und nach ihrem Ge¬ 
setz das deutsche Volk richteten. Auch legte er Steuern auf, die bis dahin kein freier 
Mann gezahlt hatte. Wenn er durch das Land zog, ließ er nach römischer Weise Beile 
und Rutenbündel vor sich hertragen, zum Zeichen, daß er Macht über Leben und 
Tod habe. Ja, es kam vor, daß freie Deutsche mit Ruten gepeitscht oder wohl gar 
mit dem Henkerbeile hingerichtet wurden, während die Todesstrafe bei ihnen sonst 
nur auf Landesverrat und Feigheit im Kriege festgesetzt war. Das alles erfüllte die 
Deutschen mit Ingrimm. 
4. Kermann. Bald kam dem bedrängten Lande der Retter; das war Hermann, 
der Sohn eines Cheruskerfürsten. Häufig hatte er die Römer auf ihren Kriegszügen 
begleitet, und es war ihm nicht nur das römische Bürgerrecht, sondern auch der Rang 
eines römischen Ritters verliehen worden. Mit tiefem Schmerze sah er, wie sein Volk 
unter der Knechtschaft seufzte und sich nach Freiheit sehnte. Da ries er heimlich mehrere 
Stammesfürsten zusammen und verabredete mir ihnen die Befreiung des Vaterlandes. 
Varus aber glaubte, Hermann sei im Herzen ein Römer, und lud ihn öfters zu Tische. 
Zwar warnte ihn Segest. ein deutscher Römling, und sagte: „Traue Hermann nicht, 
er ist ein Verräter!" Aber Varus achtete nicht darauf, denn er hielt die Warnung 
des „plumpen Deutschen" für rachsüchtige Verleumdung.
	        
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