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hinter den Flügeln wollig weiß behaart (Andrena) in und an den Kätzchen umher
und fegen unbewußt den gelben Staub mit ihren feinen Härchen von den geduldigen
Blüten. Daß es wilde Bienen sind, zeigt zum Teil ihr eigentümliches Auftreten.
Scheu und flüchtig umkreisen sie den Busch, fliegen pfeilschnell zwischen den Zweigen
durch, bis sie endlich das auserkorene Plätzchen aufgefunden haben — ein Gebaren,
das der fleißigen Arbeitsbiene, abgesehen vom Gepräge der Wildheit, viel zu zeit¬
raubend dünken würde. Mutter Hummel, die gelb und weiß bandierte, brummt
ruhig ihren Baß dazwischen und läßt sich durch nichts stören. Sie hat ausgeschlafen
unter dem kühlen Moosbett und ist eifrig bemüht, alles vorzubereiten, was dazu
nötig ist, einem jungen Geschlechte, welches sie zu gründen gedenkt, das Dasein zu
sichern. Besonders zahlreich und durch die mannigfaltigsten Arten und Formen
vertreten ist das Volk der Fliegen. Leicht schweben von Zweig zu Zweig, von
Blüte zu Blüte, mehr tändelnd als Nahrung suchend, die leicht beschwingten, gelb¬
fleckigen Schwebfliegen (Syrphus), denen ihre Puppenhülle zu eng ward, die als
wahre Kinder des jungen Jahres die ersten warmen Strahlen der lebendigmachenden
Sonne zum geflügelten Dasein hervorriefen. Die plumpere, darum aber nicht
minder flüchtige Schlammfliege (Lri8ta1i8 teuax), die wir noch zuletzt im ver-
wichenen Herbste als Beherrscherin der sparsamen Flora angetroffen hatten, ist
auch schon da, aber nicht dieselbe von damals — diese hat der grausame Winter
getötet —, sondern eine, welche es vorzog, lieber den Lenz als den Herbst zu
genießen, dort unter dem übrigen Volke als vereinzelte zu verschwinden, als hier
mit ihren Brüdern und Schwestern massenhaft vereint beinahe das ganze Fliegen¬
volk zu vertreten. Andere, unsern Stubenfliegen nicht unähnlich, größere und
kleinere, sind bald hier, bald da, als wollten sie das übrige Geschmeiß glauben
machen, sie dürften nirgends fehlen. Das schäbige Kleid, die zerfetzten Flügel
verraten bei einem Teile derselben ihr Alter, sind redende Zeugen der schon
erlebten Stürme.
Plötzlich erscheint ein Gemeinschweber (Bombylius) mit hummelartig geformtem
und behaartem Leibe; kein Härchen fehlt in der reichen Sammetdecke seines
gedrungenen Körpers, und doch sitzen sie lose, daß ein Teil derselben bei der
Berührung am Finger hängen bleibt. Er steckt seinen spießartig vorgestreckten
Säugrüssel in eine Blüte, trompetet dabei wie eine Stechmücke und schwebt in der
Weise wie unter den Schmetterlingen die Schwärmer, ohne sich niederzulassen, vor
der Quelle seines Genusses. So plötzlich wie er kam, ebenso schnell ist er wieder
verschwunden; denn unstät und flüchtig irrt er umher. Hier wieder lenkt eine kleine
dunnleibige Schnabelfliege (Rhamphoniyia marginata) durch ihre nach hinten sehr
erweiterten, breit und dunkel besäumten, fächerförmigen Flügelchen unsere Auf¬
merksamkeit auf sich. Wer sie näher kennt, weiß es, daß sie als Weibchen diese
Auszeichnungen vor ihrem Männchen voraus hat. Sie steckt emsig umherkletternd
chren senkrecht nach unten gerichteten Schnabel in die Blüten, um Honig zu schöpfen.
Erschrocken prallt sie zurück; denn sie trifft auf ihren Wanderungen ein für ihre
Persönlichkeit gar gewaltiges Tier. Ein großes Wespenweib sitzt mit krummem
Rücken fest auf einer Stelle und nagt und beißt und reißt mit seinen scharfen
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