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und Trank in Küche und Keller war. Über alles aber ging den Deutschen ihre Frei¬
heitsliebe.
8. Erziehung. Die Leibeskraft wurde schon in zartester Jugend gestählt. Das
neugeborene Kind tauchte man in kaltes Wasser. Der Heranwachsende Knabe begleitete
den Vater auf die Jagd und badete bei Wind und Wetter im Strome. Selbst im
Winter sprang er. nachdem ein Loch ins Eis gehauen war, ohne Zaudern ins eiskalte
Wasser. Zwischen Schwertern und Lanzenspitzen tanzte der Jüngling nackt umher
und erwarb sich den Beifall des zuschauenden Volkes. (Schwerter- oder Waffentanz.)
War der Jüngling dem Knabenalter entwachsen, so wurden ihm in der Volksversamm¬
lung in feierlicher Weise von einem Edlen oder vom Vater Schild und Speer über¬
reicht. Das war für ihn der wichtigste Tag seines Lebens. Von nun an waren Waffen
seine steten Begleiter. Mit ihnen erschien er in der Volksversammlung, bei ihnen
schwur er seine Eide.
9. Wolkseinteilung. Das Volk bestand aus Freien und Unfreien. Zu ersteren ge¬
hörten dw Besitzer von Grund und Boden, zu letztcrn.die Hörigen und Leibeigenen (Sklaven).
Die Hörigen erhielten von einem Freien einige Äcker Landes zur Bewirtschaftung und
mußten dafür Hand- und Spanndienste leisten. Die vornehmsten Geschlechter bildeten die
Adeligen oder Edclinge. Diese zeichneten sich vor andern Freien durch ihren großen Be¬
sitz aus und standen in hohem Ansetzn.
10. Watsversarnmlungen. Beim Voll- oder Neumond hielten die alten Deutschen
auf der sogenannten „Malstätte" (im Freien unter einer heiligen Eiche oder bei einem
großen Stein) ihre Volksversammlungen ab. Hier entschieden sie über Krieg und Frieden;
hier ordneten sic die Grenzen und bestraften sie die Verbrecher; hier auch wählten sie ihre
Oberhäupter. Nur die Freien dursten an diesen Versammlungen teilnehmen. Den Beifall
gab man durch das Klirren der Waffen kund, Mißfallen durch ein dumpfes Gemurmel.
Der Richter wurde von der Versauimlung gewählt. Er leitete nur die Verhandlungen; das
Urteil wurde von den Umstehenden gesprochen. Die Todesstrafe galt meistens nur für Leib¬
eigene sowie für Feiglinge und Landesverräter, für jene der Strick, für diese die Versen¬
kung in einen Sumpf. Leichtere Vergehen mußten durch eine Abgabe von Vieh — Geld
war noch unbekannt — gesühnt werden.
11. Kriegführung. Bei Beginn des Krieges wurde der tapferste unter den
Häuptlingen (Fürsten) auf einen Schild erhoben und zum Anführer gewählt. Man
nannte ihn Herzog, weil er vor dem Heere herzog. Die Hauptwaffen der Deutschen
waren Streitäxte aus Stein, kurze Schwerter, Schild und Pfrieme(Spieß mit schar¬
fer Eisenspitze). Als Helme dienten die Felle wilder Tiere. Rachen und Hörner ragten
drohend über den Kopf hervor. Drohte dem Lande ein Feind, so wurden die freien,
wehrbaren Männer aller Gaue (der „Heerbann") zu den Waffen gerufen. Von Hof
zu Hof erscholl der Ausruf, und alles eilte gerüstet herbei. Vor dem Angriffe ertönten
Hörner von Auerochsen, die Schilde wurden schrecklich dröhnend übereinander ge¬
schlagen, und mit wildem Kriegsgeschrei begann der Kampf.
12. Weligion Der Deutsche liebte die freie Natur über alles. Ja, die Natur¬
kräfte waren ihm nach und nach zu Personen, zu Göttern geworden, die sein Schicksal
leiteten und denen er in heiligen Hainen oder auf lustigen Höhen Opfer darbrachte. Wie
nun in der Natur der Frühling mit dem Winter, das Morgenrot mit der Nacht um die
Herrschaft ringt, so dachte man sich auch die Götter im steten Kampfe: im Kampfe mit
den Riesen, im Kampfe auch unter einander. Der höchste Gott war Wodan, der Himmels¬
gott. Ihn stellte man sich einäugig vor, wie der Himmel ja auch nur ein Auge, die Sonne,
hat. Auf achtbeinigem Roß, bekleidet mit dem grauen, rotgeränderten Wolkenhut und dem
blauen Sturmmantel, fährt er durch die Luft. Zwei Raben und zwei hungrige Wölfe be- .
gleiten ihn; hinter ihm her saust das wilde Heer. Er thront in der hundertthorigen Him¬
melsburg Walhalla, die mit goldenen Schilden und Speersctzästen getäfelt ist. Hier ist auch
der fröhliche Aufenthaltsort der im Kampfe gefallenen Helden, die von den Walküren
(Schlachtcnjuugsraucn) zur Walhalla emporgetragen sind. (Die den Strohtod Gestorbenen
erwarten bei Hel im kalten Niflheim das Weltende, die Götterdämmerung.) Wodan lenkt
aber auch die Geschicke der Menschen. Er ist es auch, der das Korn auf dem Felde wach¬
sen läßt und der im Kampfe den Sieg verleiht. Um seine Gunst zu erlangen, opfert man
ihm Rosse. Sein Sohn ist der Donnergott Thor. Er bläst aus seinem roten Barte die
Blitze, und wenn er auf seinem Wagen, von zwei Ziegenböcken gezogen, durch die Wolken