Full text: Natur-, Erd-, Menschen- und Völkerkunde, und deren Geschichte

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Dritte Stufe des Unterrichts. 
thümer des Landes. In ihm erblickte man einen irdisch walten¬ 
den Gott. Ueber seine Standeswürde wachte ein Rath der Rich¬ 
ter (Magier, Meder). In seiner häuslichen Einrichtung (Harem) 
war er als Mensch freier. Ein glänzender Hofstaat (Harem) um- 
gab ihn. Dre vornehmen Beamten des Königs führten die Ehren¬ 
titel: Augen, Ohren des Königs. Der König wohnte abwech¬ 
selnd in Susa, Ecbatana, Babylon. Ueber die einzelnen Völker 
waren Statthalter oder Satrapen gesetzt. Dieselben besorgten 
die Leistungen, welche die einzelnen Völkerschaften zur Unterhal¬ 
tung des Hofs und des Heers zu machen hatten. DiePerser lebten auf 
Kosten des übr'igenReichs. DcrKönig vermochte durch diese Einrich¬ 
tung ungeheureHeere aufzubringen, und die Lust immer mehr zu ero¬ 
bern lag ihm nahe. Cyrus oderKores unternahm weite Eroberungs¬ 
züge. Außerdembabpl.ReicheunterwarferfichPalästinauttdPhönl- 
cien. Als cr den reichen König von Lydien (inKleinasien), Krösus, derben 
Babyloniern beigeftanden war, bezwang, und seine Hauptstadt Sardes ein¬ 
nahm, verurtheilte er denselben zum Scheiterhaufen. Als Krösus auf dem¬ 
selben 3 Mahl: „o Solon" ausrief, ließ Cyrus fragen, was er damit sagen 
wolle. Da erfuhr Cyrus, daß Solon, ein Weiser aus Athen, dein Krösus 
bei einem Besuche an seinem Hofe, nachdem dieser ihm alle seine Schätze ge¬ 
zeigt und ihn gefragt hatte, ob er einen glücklichern Menschen außer ihm 
kenne, gesagt habe: vor dem Tode sei kein Sterblicher glücklich zu preisen. 
Diese Mittheilung machte auf Cyrus einen solchen Eindruck, daß er dem 
unglücklichen Fürsten Leben und Freiheit schenkte, und ihn als einen Freund 
überall auf seinen Feldzügen mitnahm. Dieser Cyrus war cs auch, der vor 
seinem Großvater (von mütterlicher Seite', dem Astyages, Könige von Me¬ 
dien, dem ihn seine Mutter Mandane zugeführt hatte, als lOjähriger Knabe 
so geschickte Reden führte. Als nämlich der Knabe Cyrus sah, wie seinem 
Großvater so viele Gerichte aufgetragen wurden, fragte er denselben: ,Was 
willst du, lieber Großvater, mit den vielen Gerichten?" Die will ich essen, 
wunderliches Kind, sagte der Großvater. „Ach, wie dauerst du mich, ent- 
gegncte der Knabe, daß du eine so große Mühe hast, um satt zu werden! 
Zn Persien wird es uns lange nicht so sauer. Da essen wir ein Stück Brot 
und Fleisch und trinken Wasser dazu; dann sind wir fertig und gehen wie¬ 
der munter an unsre Arbeit!" — Als der Großvater den Knaben beauf¬ 
tragte, die Speisen zu vertheilen, that Dies Cyrus, aber dem Mundschenken 
gab cr Nichts. Astyages fragte, warum er den Mundschenken übergangen 
habe; da antwortete der Knabe, weil dieser nichts Sonderliches versteht. 
Dir den Wein reichen kann ich besser, als dieser. Dazu von seinem Gro߬ 
vater aufgefordert, schenkte er ein und reichte den Becher mit Anstand sei¬ 
nem Großvater dar. Dieser aber bemerkte, daß er den Becher nicht vorher
	        
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