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Armen und würdigen sie herab. Bezahlt der Arbeitgeber die
ganzen Beiträge, so hält das der Arbeiter für selbstverständlich
und weiß es dem Arbeitgeber nicht einmal Dank. Lieber sollte
der Arbeitgeber den Lohn erhöhen, den Arbeiter aber seine Pflicht
selbst erfüllen lassen."
„Wie erfährt man denn, in welche Lohnklasse man gehört?"
fragte ein Neuling.
„Das wird nach bestimmten Grundsätzen festgesetzt!" ant¬
wortete ich. „Doch ist's dem Arbeiter in Übereinstimmung mit dem
Arbeitgeber unverwehrt, eine höhere Lohnklasse zu wählen, wenn
nur die höheren Marken eingeklebt werden. Die freiwillig
Versicherten können sich die Lohnklasse selbst wählen."
„Muß jede Woche eingeklebt werden?" wurde gefragt.
„In der Regel!" war die Antwort. „Doch kann's auch für
einen längeren Zeitraum, ja unter gewissen Bedingungen bis zu
2 Jahren nachträglich geschehen."
Eine Alte fragte: „Meine Tochter geht waschen und plätten
in die Häuser; wer hat da die Wochenmarken einzukleben?" „Der
erste Arbeitgeber in der Woche!" war die Antwort.
„Wenn aber nun ein Versicherter, wie mein armer Sohn,
krank wird, nichts verdient und keine Marken einkleben kann,
was dann?" fragte ein Krüppel, der an Krücken ging.
Ich antwortete: „Wenn die Krankheit über 7 Tage bis zu
einem Jahre dauert, so sind keine Beiträge zu leisten, die Zeit aber
wird angerechnet. Nur muß der Vorstand der Krankenkasse die
Krankheitsdauer bescheinigen. Ist der Kranke in keiner Kranken¬
kasse, so ist eine Bescheinigung vom Gemeindevorstande einzuholen."
Ein abgemagerter, hüstelnder Fabrikarbeiter sagte: „Mein
Sohn ist Maurer und dient jetzt als Soldat, was wird's da?"
„Dasselbe wie bei dem Kranken! Er braucht während der
Militärzeit nichts zu bezahlen, aber sie wird ihm angerechnet. In
der Quittungskarte ist von der Polizeibehörde die Zeit der Krank¬
heit oder des Militärdienstes zu bescheinigen. Zu dem Zwecke
müssen ihr die Krankheitsbescheinigungen bezw. die Militärpapiere
vorgelegt werden."
„Meine Tochter hat lange als Dienstmädchen gedient und
jahrelang geklebt; jetzt heiratet sie nun; da ist doch das ganze Geld
weggeworfen?" fragte eine Alte, die mit Atemnot kämpfte.
„Mit nichten!" antwortete ich. „Wenn sie 200 Wochen Beitrags¬
marken geklebt hat, dann kann sie sich die Hälfte der geleisteten
Beiträge zurückzahlen lassen. Sie hat sie gleichsam in eine Spar¬
büchse gelegt. Viel mehr ist ihr aber zu raten, die Versicherung
aufrecht zu erhalten, indem sie sich freiwillig versichert. Das
ist ein Anker für die Zukunft. Ihren Anspruch auf Rückzahlung
muß sie vor Ablauf eines Jahres nach ihrer Verheiratung geltend
machen. Auch Witwen und Waisen unter 15 Jahren können die
Rückzahlung der Beiträge des verstorbnen Vaters fordern."
„Darf ich noch etwas fragen?" meinte schüchtern eine Witwe,