Full text: Lesebuch für städtische und gewerbliche Fortbildungsschulen

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wird’s aber nicht immer. Besser ist’s: man überlegt, erwägt, wägt 
die Sache vorher, ob sie die Kräfte nicht weit übersteigt und ob 
eine Möglichkeit des Gelingens vorhanden. Und dann frisch an¬ 
gepackt und nicht schläfrig! Mit dem Wägen und Erwägen ist’s 
freilich auch so eine Sache. Mancher kommt vor lauter Rat zu 
keiner Tat, vor lauter Überlegungen nicht zum Handeln. Und bis 
er all seine grossen, mittleren, kleinen und kleinsten Bedenklich¬ 
keiten bedacht und abermals bedacht hat, ist’s schon lange zu 
spät für die Ausführung. Also vergiss nicht über dem Wagen das 
Wägen, aber auch nicht über dem Wägen das Wagen! 
K. Ensliu. 
c) Borgen macht Sorgen. 
Borgen zum Wohlleben ist eins. Borgen aber zum Geschäft 
ist ein anderes. Jenes ist toll, nichtswürdig, ja schändlicher denn 
stehlen, wenn man voraus weiss, dass man nicht wieder zahlen 
kann. Borgst du aber, um dein Geschäft zu fördern, um deiner 
Tätigkeit mehr Stoff und Raum zu gewinnen, so ist das Borgen 
ehrenwert; denn es facht deinen Fleiss an, dass du mit dem Er¬ 
borgten zwanzigfachen Zins gewinnst. Dieses Borgen macht heil¬ 
same Sorgen, und die scheue nicht. Körte. 
d) Übung macht deu Meister. 
Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, ist auch noch 
kein Meister geboren worden, sondern die Meisterschaft kommt 
allemal nach und nach, leis und langsam, nicht von selbst, sondern 
durch Übung. Wer noch so viele Gaben und Anlagen besitzt und 
bildet sie nicht aus, sondern legt nur seine Haut auf die Bären¬ 
haut, der kann wohl ein tüchtiger, ausgezeichneter -— Nichtsnutz 
werden, aber ein Meister nimmermehr. Wissen, Können und 
Wollen, das ist’s, was einer besitzen muss, um in einem Fache 
oder Fächlein Meister zu werden. Vor allem aber das Wollen. 
Denn wer nicht will, der lernt nichts und weiss nichts und kann 
nichts, — wird kein Meister, sondern bleibt ewig ein fauler Gesell 
und dummer Junge. 
II. ikit’fp, itsts IfliKluigsleßcii (irfrpffpiuf. 
22. Brief Meister Ronrads über das BeHriingswefen nach der 
Beichsgewerbeordnnng in der Fassung vom 26. Juli 1897. 
Suhl, 20. 3. 1904. 
Geehrter Herr Groß! 
Es ehrt mich sehr, daß Sie mir Ihren Sohn Pfingsten d. I. in 
die Lehre geben wollen. Ihre Anmeldung kam noch zur rechten Zeit, 
denn ich konnte nur noch einen Lehrling — den dritten — an-
	        
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