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4. Gewerbe und Handel.
Überblickt man die hier aufgezählten Erzeugnisse des Vaterlandes: so
könnte man geneigt sein, Sachsen für ein armes Land zu halten, da ihm
viele Erzeugnisse der Natur ganz abgehen. Denn manche Gegenstände,
wie Zucker, Kaffee, feinere Gewürze, Arzneiwaaren, selbst das unentbehr¬
liche Salz, den Salpeter, das Quecksilber, die Seide u. eine Menge Dinge,
welche zum Putze oder zur Bequemlichkeit dienen, empfängt es einzig vom
Auslande. Andere Dinge, deren seine Bewohner bedürfen, besitzt es nicht
in der ihm nöthigen Menge, wie: das Zinn u. den Zink, den Lein u. den
Hopfen, das Getreide, Holz, Obst, Federvieh, Rindvieh, Pelzwerk, Wachs.
Dagegen sind aber gewisse Erzeugnisse der Gewerbthütigkeit unserem Vater¬
lande eigenthümlich, oder sie werden in solcher Menge u. Vortrefflichkeit
in ihm hervorgebracht u. verfertigt, daß man sie selbst im Auslande begehrt.
Dahin gehört die aus dem Kobalte bereitete blaue Farbe, das Eisenblech,
der Arsenik, das meißner Porcellan, die Spitzen u. der Damast. Hierzu
kommt, daß die meisten der uns vom Auslande zugesandten Gegenstände
bei uns verarbeitet werden, u. daß dadurch die Thätigkeit u. Geschicklich¬
keit unserer Landsleute in Anspruch genommen wird. Dies erhöht aber
nicht nur den Genuß des Lebens selbst, sondern übt auch die edelsten geisti¬
gen Kräfte. Laßt uns hierbei nicht vergessen, wie sehr unsere Regierung
bemüht ist, den Gewerbfleiß durch Anschaffung u. Erbauung von Maschinen,
durch öffentliche Ausstellung gelungener Arbeiten, durch Gewerbvereine,
durch Belohnung für nützliche Erfindungen, durch Unterstützungen, welche
sie tüchtigen Arbeitern zukommen läßt, durch Sonntags- u. Gewerbschulen
zu wecken u. zu fördern! Ein Land aber, in welchem man nicht blos die
eigenen Schätze, sondern auch die des Auslandes ausbeutet, kann kein armes
Land genannt werden. —
Und was der Sachse vor: der Natur empfangen, was er durch seine
Thätigkeit errungen hat: das bleibt nicht als todter Schatz liegen; es geht
vielmehr auf den tausendfach verschlungenen Wegen des Handels aus
einer Hand in die andere. Beinahe jede Stadt, selbst gegen 70 Dörfer
haben ihre Jahrmärkte, auf denen ein lebhafter Warenverkehr Statt findet.
Von der größten Wichtigkeit sind aber die von dem Markgrafen Otto dem
Reichen i. 1.1160 gestiftete Oster- u. Michaelismesse u. die vom Kurfürsten
Friedrich II., dem Sanftmüthigen, 1458 hinzugefügte Neujahrsmeffe zu
Leipzig. Hier finden sich Kaufleute aus allen Ländern Europas u. selbst
anderer Erdtheile ein, um entweder uns ihre Waaren anzubieten, oder die
unsrigen uns abzukaufen. Ebenso beziehen unsere Kaufleute auch die vor¬
züglichsten Messen anderer Länder, z. B. die zu Frankfurt am Main, Frank¬
furt an der Oder u. Braunschweig. Doch ist unser Verkauf bei weiten:
bedeutender, als unser Einkauf. Auch der Handel in den Städten an der
Elbe, vorzüglich in Strehla, Riesa, Meißen, Dresden, Pirna u. Schandau,
welchen die Schifffahrt auf diesen: Flusse begünstigt, ist nicht unwichtig.
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