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Die schlesischen Landschaften.
Das oberschlesische Hügelland
wird durch die Klodnih und Malapane in drei Abschnitte geteilt. Der nörd¬
liche ist das Waldgcbiet des Stvbcr und der Malapane, der mittlere das
vbcrschlcsische Kalkgebirge und der südliche das vberschlesischc Steinkohlenrevier.
Etwa durch das zur Weichsel gehende Flüßchen Bernn und durch die
westtvärts in die Oder mündende Birawka wird das letztgenannte wieder in
das südlich gelegene Hügelland von Pleß und Rybnik und in das eigent¬
liche Kohlenrevier zerlegt.
Das Hügelland von Pleß und Rybnik. Z
Tone und Sande bilden im allgemeinen die Grundlage dieses Hügel¬
landes. Vielfach sind sie von fruchtbarem Diluvialboden überlagert. Fast
überall leidet diese Gegend unter zu großer Feuchtigkeit; denn der überlagernde
Ton ist wasserundurchlässig. Daraus erklärt sich der Reichtum dieser Gegend
an Teichen, z. B. in der Umgebung von Pleß und Bernn. Bei Rybnik er¬
heben sich diese Hügel zu Höhen bis 357 m, weisen aber nordöstlich von Rybnik,
bei Orzesche, eine deutliche paßartige Senkung auf, die hier zur Anlage eines
Eisenbahnknotenpunktes Veranlassung gegeben hat. Vielfach treten auch die
zugrunde liegenden Schichten des Steinkohlengebirgcs hervor. Südöstlich von
Rybnik sind die Hügel so wenig ausgeprägt und fest gefügt, daß hier die
Wasserscheide zwischen Oder und Weichsel oft sehr unbestimmt ist. Ein
Waldgebiet von 976 qkm Größe ist hier ausgebreitet. Es ist hauptsächlich
Kiefernwald ans Sandboden; doch ragen auch uralte Eichen in großer Menge
himmelan. An der Olsa, besonders aber an den zur Weichsel gehenden
kleinen Missen, dehnen sich weite Sumpf- und Moorstrecken aus, die im
Sommer frei herumstreichenden Viehherden Nahrung bieten. Nur vereinzelt
weiden im Frühjahr und Sommer die Hirten am Leitseil Herden von 6 bis
10 Häuptern. Wiesenschnarrer und Kiebitz beleben dann fast allein die öden
Strecken mit ihrem Geschrei. Die ausgedehnten Wälder liefern nicht nur
vorzügliches Holz und eine Unmasse Beerenobst aller Art, sondern sind auch
die Heimstätte für einen bedeutenden Wildstand. Die Teiche und Flüsse aber
bergen Karpfen und Krebse in erheblicher Menge. Es ist dem Grenzober¬
schlesier nachzurühmen, daß er dem meist sehr mageren Boden immer noch gute
Ernteerträge abzugewinnen weiß. Er ist auch fast allein aus die Landwirt¬
schaft angewiesen, denn die Viehzucht lohnt nicht, weil aus Russisch-Polen
zu viel billiges Vieh herübergebracht wird. Das Hauptprodukt und Haupt¬
nahrungsmittel ist die Kartoffel. Mißrät sie, so macht sich das der ziemlich
dichten Bevölkerung (100 aus 1 qkm) sehr fühlbar. Brot ist nicht das Hanpt-
nahrungsmittel, sondern der Zur (jonr zu sprechen!), eine mit Schweinefett ver¬
setzte gesäuerte Mehlsuppe. Weitaus der größte Teil der oberschlesischen Boden-
fläche gehört Großgrundbesitzern, im alten Herzogtum Oppeln vier Fünftel
der Gesamtfläche. Der Fürst von Pleß hat mit etwa 40000 ha den aus¬
gedehntesten Grundbesitz unter allen. — Umringt vom Kreise der Wälder, liegen
die Dörfer inmitten von Anen, Wiesen und Feldern. Jedes Dörfchen bildet sein
eigenes Reich, über das hinaus der Oberschlesier wenig Verkehr treibt. Zu
beiden Seiten der Dorsstraße liegen an zwei fortlaufenden Linien, die durch
0 Vgl. „Bunte Bilder ans dem Schlesierlande", Bd. 1.