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das Studium jener römischen und griechischen Werke ge¬
worfen, welche aus der Glanzperiode der heidnischen Zeit
stammten und ein reger Forschergeist machte sich geltend.
Leider wuchs mit der Freude an der schönen Form auch
das Interesse an dem leichtlebigen heidnischen Inhalt und
so war nicht alles gut, was diese Bewegung nach Deutsch¬
land herüberbrachte. Erfindungen (Kompaß, Schie߬
pulver) und die Entdeckung Amerikas brachten neue
Gesichtspunkte in verschiedene Wissenschaften und Künste.
Überall herrschte reges geistiges Leben. Die Universitäten
(Wien 1365, Keidelberg 1386, Köln 1388, Ingolstadt 1472)
erfreuten sich regen Besuches. — Von den Künsten blühte
besonders die Malerei (Albrecht Dürer in Nürnberg und
Kans Kolbein in Augsburg), die Bildhauerkunst und
Erzgießerei (Adam Krasst und Peter Bischer, beide in
Nürnberg). Die Dichtkunst war mit der Entartung des
Rittertums von ihrer Kühe etwas herabgesunken, hatte
aber in den Zünften der Kandwerker eine Zufluchts¬
stätte gesunden (Meistersinger, Kans Sachs). Zur Zeit der
Reformation wurde die mittelhochdeutsche Sprache durch
das Neuhochdeutsche verdrängt, welches sich aus der sächsischen
Kanzleisprache entwickelte.
Auch in der Baukunst nahm man sich die römische
Kaiserzeit zum Vorbilde und so entstand der Renaissance¬
stil, der sich von Rom aus (Peterskirche) nach fast allen
europäischen Ländern verbreitete und hauptsächlich bei
Palästen zur Verwendung kam. (Ott-Keinrichsbau im Kei-
delberger Schloß. Tuilerien und Louvre in Paris.) Das
Wesen dieses Stiles besteht in einer freiern Behandlung aller
Formen, in großem Reichtum der Verzierungen, wozu auch
Reliefs und Malereien kommen. Die Fenster zeigen ovale,
halbkreisförmige und verschieden geschweifte Bogen. Kirchen,
welche in diesem Stile gebaut sind, zeichnen sich durch Kup¬
peln aus, welche einen kleinen Aufsatz mit Fenstern haben.
(Laterne.) In der Spätrenaissance zeigen die Kirchtürme
Ausbauchungen an den Dächern. (Zwiebeldächer.) Auch
bei diesem Stile zeigten sich drei Perioden: die Früh-,
Koch- und Spätrenaissance, welch letztere auch Barockstil
genannt wird, weil sie durch verwegene Formen und
Dekorationen Üeberraschung und Verwunderung erregen will.
Die Zeit der Renaissance dauert 1400—1800. Der Barock¬
stil artete schließlich aus in den Rokokostil. der die
architektonischen Formen und Gesetze fast ganz unter ver-