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Das badische Staatsrecht
zu ge&en.81 Bevor mit der Vermessung einer Gemarkung (d. h.
des Gebiets einer Gemeinde) begonnen wird, müssen die Gren¬
zen derselben, sowie die Grenzen der einzelnen Gewanne (so nennt
man die einzelnen, meistens noch uralte Benennungen tragenden
Gemarkungsteile) und schließlich die Grenzen aller einzelnen Grund¬
stücke a u s g e st e i n t, d. h. mit Grenzsteinen versehen werden. DaS
Setzen der Grenzsteine, welche urkundliche Beweiskraft haben, darf
43 nur durch amtlich verpflichtete Steinsetzer vorgenommen wer¬
den, und die Beseitigung oder Verrückung der Steine ist mit gericht¬
licher Strafe bedroht. Ist die Aussteinung und alsdann die Ver¬
messung beendet, so werden über die Grundstücke zunächst Einzel¬
pläne (sog. H a n d r i s s e) und sodann Pläne gefertigt, welche
eine oder mehrere Gewanne umfassen. Auf ihnen ist jedes Grundstück
mit einer Nummer versehen. Die Gesamtheit dieser Pläne einer
Gernarkung nebst einem Uebersichtsplan bildet den Gemarkungs¬
atlas.
44 Nach Fertigstellung dieses Vermessungswerks werden
die sämtlichen Grundstücke einer Gemarkung nach der Reihenfolge
ihrer Nummern unter genauer Beschreibung nach Größe und Be¬
nutzungsart und unter Angabe der Eigentümer und der Nachbarn in
ein Verzeichnis eingetragen, welches L a g e r b u ch°^ genannt wird.
Das Lagerbuch, sowie das ganze Vermessungswerk wird
bei den Gemeinden (auf dem Grundbuchamt) aufbewahrt, und jeder,
der ein Interesse daran hat, kann es einsehen und Ausziige oder
Kopien daraus fertigen lassen.
45 Das Vermessungswerk wie das Lagerbuch muß, um nicht zu ver¬
alten und um der wirklichen Sachlage dauernd zu entsprechen, regel¬
mäßig fortgeführt werden, d. h. es müssen alle Veränderungen der
Eigentunisgrenzen und der Verwendungsart der Grundstücke nachge¬
tragen werden. Diese Fortführung wird durch die staatlich an¬
gestellten Bezirksgeometer besorgt. Dieselben stehen unter der
dienstlichen Aufsicht der Großh. Oberdirektion des Wasser- und
61 Nach dem letztgenannten Zwecke nennt man diese Vermessung
auch Katastervermessung. Unter Kataster (vom mittellateinischen
capitastrum — Kopfsteuerliste) versteht man nämlich das Steuerveran¬
lagungsbuch und insbesondere die für die Grundstücksbesteuerung gefertigte
tabellarische Beschreibung der Grundstücke. Katastervermessung heißt also
diejenige Vermessung, welche zum Zwecke der Aufnahme der Grundstücke in
dieses Kataster erfolgt.
82 Das Lagerbuch wiederum bildet die Grundlage des Grundbuchs.
Das letztere enthält neben der aus dem Lagerbuch entnommenen Be¬
schreibung der Grundstücke hinsichtlich jedes einzelnen Grundstücks die
genaue Angabe des Erwerbs durch den jetzigen Eigentümer, sowie die mit
dem Grundstück verknüpften Berechtigungen und die auf ihm ruhenden
Lasten. (Näheres über das Grundbuch s. bei Nr. 417.)