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Das Königreich Preußen
iZ7 Im Jahre 1848 entfaltete sich im Volke, im Anschluß an die
französische Revolution, eine so starke Bewegung gegen die absolute
Regierung und zugunsten der konstitutionellen Verfassung, daß nach
Niederwerfung eines Ausstandes (in Berlin am 18. März 1848) eine
Nationalversammlung einberufen wurde, die, aus Grund
des allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrechts gewählt, im Mai
1848 in Berlin zusammentrat und den von der Regierung vorgelegten
Entwurf eines Verfassungsgesetzes beriet. Eine Einigung hierüber
kam nicht zustande. Infolgedessen wurde die Nationalversammlung
ausgelöst und eine Versa ssungsur künde am 5. Dezember
1848 einseitig vom König verkündet. Damit wurde Preußen ein
konstitutioneller Staat. Die neu gewühlte Volksvertretung (Erste und
Zweite Kammer) erkannten die neue Verfassung als rechtsgültig an,
und nachdem diese aus Vorschlag der Regierung in einigen Punkten
revidiert war (1849), wurde die endgültige, noch jetzt geltende Ver-
sassungsurkunde am 31. Januar 1850 vom König (Friedrich Wil¬
helm IV.) vollzogen und verkündet. Seitdem kann kein neues Gesetz
und keine neue Steuer in Kraft treten ohne die vorherige Zustim¬
mung der Volksvertretung. (Des Landtages.) Die Versassungs-
urkunde ist das Grundgesetz des preußischen Staates geblieben, ob¬
gleich sie bisher durch 21 Gesetze bereits abgeändert worden ist.
iz8 Am 2. Januar 1861 folgte Wilhelm 1., der den kranken König
Friedrich Wilhelm IV. bereits seit 1857 als Stellvertreter und als
Regent vertrat, seinem Bruder als König. Die von Wilhelm I. für
die neue Organisation des Heeres verlangten Geldmittel verweigerte
die Zweite Kammer, aber die Regierung führte die erforderlichen
militärischen Einrichtungen ohne die Genehmigung der Kammer
durch. Damals entstand von 1862 bis 1866 ein Versassungskonslikt,
bei welchem das formelle Recht aus seiten der Kammer war. Als
jedoch die Kriege von 1864 und 1866 die Notwendigkeit der militäri¬
schen Mehrausgaben bewiesen hatten, erteilte der Landtag der Regie¬
rung die nachgesuchte „Indemnität" (nachträgliche Entlastung).
i39 Die größte Verfassungsänderung für Preußen brachte die am
1. Juli 1867 in Kraft getretene Verfassung desNorddeut-
schen Bundes vom 24. Juni 1867. Als preußisches Landesgesetz
in den Formen einer Verfassungsänderung verkündet, übertrug sie
die auswärtigen Angelegenheiten, Heer- und Marinewesen, Handels-,
Zoll-, Post- und Telegraphenverwaltung dem Bunde,
wo Als nach dem siegreichen Kriege gegen Frankreich das Deutsche
Reich an die Stelle des Norddeutschen Bundes trat, wies die Reichs-
Verfassung dem Königreich Preußen die Stellung eines Bundes¬
staates an. Große Teile der Gesetzgebung und Verwaltung sind aus
das Reich übergegangen. Preußen ist kein unabhängiger Staat