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der ganzen Reiterei waren nur noch 800 ausgehungerte Pferde übrig, meist
Offizieren gehörig, die nun mein Corps vereinigt wurden. Mehrmals war
das Heer, noch öfter waren einzelne Corps von den Russen umringt und
abgeschnitten, und wurden nur durch List oder durch die große Tapferkeit derer,
die noch unter den Waffen waren, gerettet. Die gräßlichsten Scenen, die
sich auf diesem trostlosen Rückzuge ereigneten, kamen in solcher Menge vor,
daß nur wenige von der Geschichte aufbewahrt, aber keine in ihrer ganzen
Schauderhaftigkeit beschrieben werden können. Hier nur Einiges davon. Mar-
schall Reh mußte, um sich vor den verfolgenden Russen zu retten, in einer
dunkeln Nacht über einen Fluß setzen, dessen Eisrinde glücklicher Weise trug.
Alle Wagen, alles Gepäck mußte am User stehen bleiben, und als die Mei¬
sten hinübergegangen waren, fehlte es vielen an Kraft, am andern steilen und
beeisten Ufer hinanzuklimmen, so daß sie zurückstürzten, das Eis zerborst,
und sie ohne Rettung in das Wasser hinabsanken. Noch kläglicher war das
Geschrei der armen Kranken, die auf den Wagen lagen, die Hände aus¬
streckten, und flehten, sie doch nicht hülflos zu verlassen. Ney ersuchte einige
Wagen über den Fluß gehen zu lassen; als sie aber mitten darauf waren,
brach das Eis zusammen. Von dem Ufer hörte man aus dem geöffneten
Schlunde ein herzzerreißendes, wiederholtes Angstgeschrei, dann ein unter¬
brochenes Stöhnen, immer schwächer werdende Seufzer, und endlich eine
gräßliche Stille. Alles war im Wasserschlunde verschwunden.
In den Dnieper ergießt sich auf dessen rechter Seite ein Fluß, die
Berezina. An sich ist er nicht bedeutend; aber er bildet auf beiden Seiten
breite und tiefe Moräste, die man nur auf einzelnen Brücken überschreiten
kann. Wurden diese von den Russen zerstört, oder nur stark besetzt, so war
der ganze Ueberrest des französischen Heeres verloren. Wirklich hatten die
Russen die Absicht, hier dem ganzen Trauerspiel ein Ende zu machen. Wäh¬
rend Kutusow und der Kosackenhetmann Platos von hinten drängten,
rückten Tschitschagof von Süden, und Wittgenstein von Norden schnell
heran, an der Berezina zusammenzutreffen, und Napoleon den Uebergang zu
wehren. Als dieser am Flusse ankam, sah er zn seinem Entsetzen, daß der
Uebergangspunkt von den Russen bereits besetzt sei. Mit Gewalt war hier
nichts auszurichten; aber er nahm zur List seine Zuflucht. Er stellte sich,
als wollte er eine Brücke schlagen lassen, während er an einer andern Stelle,
die nur wenig bewacht wurde, in größter Stille wirklich eine solche zimmern
ließ. Die ganze Nacht wurde gearbeitet; aber auch jetzt noch hätten einige
russische Kanonen hingereicht, den Bau zu zerstören. Dies erwartete auch
Napoleon, und hielt sich selbst für verloren. Allein Tschitschagof bildete sich
ein, Napoleon werde weiter unterhalb übergehen, ließ seine Truppen ab-
ziehen, und — Napoleon war gerettet. Das war freilich für diesen ein
großes Glück; aber die Brücke war nur für das Fußvolk eingerichtet; schnell
ließ er noch eine zweite für das Geschütz, die Wagen und die wenigen Reiter
bauen, und am 27. November gingen er und seine Garden über.
Bis so weit ging Alles gut, aber nun kam das Schreckliche. Sobald
man die Garden übergehen sah, drängten sich alle Uebrige von allen Seiten
herbei, sich an sie anzuschließen, so daß in einem Augenblicke eine tiefe, breite
und verwirrte Masse von Menschen, Pferden und Wagen den schmalen Ein-