fullscreen: Deutsches Lesebuch für Gymnasien und andere höhere Bildungsanstalten

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Verkaufe von Santa Lucia in die Stadt; andere sieht man sehr oft in fcer 
Gegend des Arsenals oder wo sonst etwas gezimmert wird, wobei es Späne 
gibt, auch am Meere, welches Reiser und kleines Holz auswirft, beschäftigt 
sogar die kleinsten Stückchen in Körben aufzulesen. Kinder von einigen Jahren, 
die nur auf der Erde so hinkriechen, in Gesellschaft älterer Knaben von fünf 
bis sechs Jahren befassen sich mit diesem kleinen Gewerbe. Sie gehen nachher 
250 mit dem Körbchen tiefer in die Stadt und setzen sich mit ihren kleinen Holz¬ 
portionen gleichsam zu Markte. Der Handwerker, der kleine Bürger kauft 
es ihnen ab, brennt es auf seinem Dreifuß zu Kohlen um sich daran zu 
erwärmen oder verbraucht es in seiner sparsamen Küche. 
Andere Kinder tragen das Wasser der Schwefelquellen, welches be¬ 
sonders im Frühjahr sehr stark getrunken wird, zum Verkaufe herum. Andere 
suchen einen kleinen Gewinn, indem sie Obst, gesponnenen^ Honig, Kuchen 
und Zuckerware einkaufen und wieder als kindische Handelsleute den übrigen 
Kindern anbieten und verkaufen, allenfalls nur um ihren Teil daran umsonst 
zu haben. Es ist wirklich artig anzusehen, wie ein solcher Junge, dessen 
260 ganzer Kram und Gerätschaft in einem Brett und Messer besteht, eine Wasser¬ 
melone oder einen halben gebratenen Kürbis herumträgt, wie sich um ihn 
eine Schar Kinder versammelt; wie er sein Brett niedersetzt und die Frucht 
in kleine Teile zu zerlegen anfängt. Die Käufer spannen sehr ernsthaft, 
ob sie auch für ihr klein Stückchen Kupfergeld genug erhalten sollen, und- 
der kleine Handelsmann traktiert gegen die Begierigen die Sache ebenso be¬ 
dächtig, damit er ja nicht um ein Stückchen betrogen werde. Ich bin über¬ 
zeugt, daß man bei längerem Aufenthalte noch manche Beispiele solches kind¬ 
lichen Erwerbes sammeln könnte. 
Eine sehr große Anzahl von Menschen, teils mittleren Alters teils 
270 Knaben, welche meistenteils sehr schlecht gekleidet sind, beschäftigen sich das 
Kehricht auf Eseln aus der Stadt zu bringen. Das nächste Feld um Neapel 
ist nur ein Küchengarten und es ist eine Freude zu sehen, welche unsägliche 
Menge von Küchengewächsen alle Markttage hereingeschafft wird und wie die 
Industrie der Menschen sogleich die überflüssigen, von der Köchin verworfenen 
Teile wieder in die Felder bringt um den Zirkel der Vegetation zu be¬ 
schleunigen. Bei der unglaublichen Konsumtion von Gemüse machen wirklich 
die Strünke und Blätter von Blumenkohl, Broccoli^), Artischocken, Kohl, 
Salat, Knoblauch einen großen Teil des neapolitanischen Kehrichts aus; 
diesem wird denn auch besonders nachgestrebt. Zwei große biegsame Körbe 
280 hängen auf dem Rücken eines Esels und werden nicht allein ganz voll ge- 
*) Fadenförmig gezogener, nicht tropfbar flüssiger Honig, — Honigseim. 
2) Spannen — sind gespannt, lauern darauf. 
3) Spargelkohl, eine Art Blumenkohl.
	        
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