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in den Vordergrund zu stellen und die Reihenfolge der Lesestücke durch die
Zeitfolge der Verfasser (Dichter) bestimmen zu lassen. Auch eine räumliche
Trennung der poetischen Stücke von den prosaischen, wie sie in manchen
Lesebüchern — namentlich solchen für höhere Schulen — beliebt wird,
erschien, weil rein formalistisch, nicht angezeigt. Vielmehr ist die Reihen¬
folge der Lesestoffe in allen Teilen des Lesebuches durch sachliche Gesichts¬
punkte, also durch den Inhalt der Lesestücke bestimmt. Aufgabe des
Lehrers ist es nun, durch Zusammenstellung der in den einzelnen Klassen
gelesenen Dichtungen unsrer hervorragenden Dichter und durch dazu ge¬
gebene Mitteilungen über ihren Lebensgang möglichst geschlossene Lebens¬
bilder unsrer Dichterheroen zu gewinnen, um so das erforderliche lite¬
raturgeschichtliche Verständnis und Wissen bei den Schülern der
Oberstufe anzubahnen. Diese Aufgabe wird ihm durch eine Anzahl von
Lesestücken mit interessanten Mitteilungen aus dem Leben unsrer belieb¬
testen Dichter wesentlich erleichtert werden. Wir verweisen auf die hierzu
bestimmte Gruppe von Lesestücken des IV. Teiles, denen sich, dem ästhe¬
tischen Zwecke des Lesebuches entsprechend, eine Reihe von Stoffen
anschließt, die das Kapitel „Kunst und Künstler" behandeln. Daß behufs
intensiver Pflege des ästhetischen Gefühls in der Mittelschule aus dem
Lesebuch alles nach Inhalt oder Form Unschöne oder gar Gemeine un-
nachsichtlich ausgeschieden worden ist, dürfte selbstverständlich sein.
In der Eigenart wie in dem Bildungszweck gerade der Mittelschule
liegt es begründet, daß der Prosa je länger je mehr der Vorzug gegeben
werden mußte. In welchem Umfange, zeigt die Tatsache, daß die Zahl
der poetischen Lesestücke in Teil I 120 von 251, in II 68 von 206, in III
92 von 234, in IV 95 von 253 beträgt. Dem entspricht auch, daß die Lese¬
stücke je weiter nach oben um so mehr an Zahl verhältnismäßig abnehmen,
an Umfang dagegen wachsen, so daß sich in allen Abschnitten des III.
und IV. Teiles eine Menge von Lesestücken mit einem Umfang von 6 bis
10 Seiten findet.
Was den Inhalt des Lesestoffes betrifft, so ist dafür Sorge getragen,
daß in allen Teilen des Lesebuches eine reiche Anzahl von Lesestücken
geboten wird, die die verschiedensten Seiten unsers modernen Kultur¬
lebens zur Darstellung bringen. Dabei ist neben der Pflege des reli¬
giös-sittlichen und nationalen Lebens besonderes Gewicht auf
Vertiefung des Sinnes für häusliches Leben und Familienglück
als die letzte Quelle unsrer nationalen Wohlfahrt gelegt worden. Hier¬
für sind Darstellungen möglichst aus der Feder berufener modernen Autoren
gewühlt worden, wofür wir nur auf Namen verweisen wie Ferdinand
Avenarius, Julius Bierbaum, Johannes Dose, Marie v. Ebner-Eschenbach,
Gustav Falke, Theodor Fontane, Gustav Frenssen, Ludwig Ganghofer,
Hermann Hesse, Fritz Lienhard, Hermann Lingg, Detlev v. Liliencron,