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Sein Jagdgebiet ist die große Steppe. Geleitet von seinem scharfen Gerüche
verfolgt er die Beute, bis er sie zu Tode gehetzt hat, um sie dann mit seinem
scharfen Raubtiergebiß zu zerreißen und gierig zu verschlingen. Setzt ihm der
Winter hart zu, so überfällt er in Gemeinschaft mit andern den einsamen
Reisenden, der in seinem Schlitten die Steppen durchfährt und dringt selbst in
die lhäuser entlegener Bauernhöfe ein, um seinen großen bsunger zu stillen,
der zu dem Ausdruck veranlaßte: „Gr hat junger wie ein Wolf!"
Die Eulen.
Im alten Gemäuer, auf Kirchtürmen und in Felsenhöhlen haben die Eulen
ihren Wohnsitz aufgeschlagen, Pier, wo alles still und ruhig ist, sitzen sie tags¬
über fast wie leblos, wenn aber die letzten Strahlen der Abendsonne am pori-
zontc verschwinden und die Dämmerung sich auf Wald und Flur senkt, dann
wird es lebendig im Eulenhorste. Sacht und lautlos gleiten sie, von ihrem
weichen Gefieder getragen, über das Feld und durch den Wald. Die nach vorn
gerichteten Augen mit ihren großen Pupillen fangen jeden Lichtstrahl auf und
erkennen trotz der Dunkelheit das sich bewegende Mäuschen, das spielende
päslein oder den Maulwurf. Unhörbar und unsichtbar trägt das dunkle Ge¬
fieder sie in die Nähe der Beute. Dann folgen ein rascher Griff der mit scharfen
Krallen versehenen Naubfüße und ein paar kräftige Flügelschläge, und die
Eule sitzt auf dem Zweige eines Baumes, um
hier mit dem hakenförmig gebogenen Raub¬
tierschnabel das Opfer zu zerreißen und mit
Stumpf und Stiel zu verspeisen. Doch auch
für einen Eulenmagen sind Fell und Knochen
unverdauliche Gegenstände und werden deshalb
als Gewölle wieder ausgespien. Die bei uns
vorkommenden Eulenarten find die Schleier¬
eule, so genannt nach dem -weißen Feder¬
kranze, der die Augen umsteht, die kleinen ^ der Schleiereule.
Käuzchen und der große Uhu.
Der Baum- oder Edelmarder.
Wie sein Körper zum Baumleben patzt. Der dichte Wald ist der Aufent¬
haltsort des Baummarders. Verlassene Raubvogelnester und besonders das
Nest des Eichhörnchens find feine Wohnung. Unter unfern Baumtieren ist er
der geschickteste Kletterer. Mit seinen scharfen Krallen hält er
sich ebenso leicht und sicher in der glattrindigen Buche fest, als in der rissiger:
Borke der Eiche; ganz gleich, ob es stammauf- oder stammabwärts geht. Schlan¬
genartig gleitet er um den Baum, denn feine Beine sind sehr kurz,
und sein langgestreckter Leib ist sehr biegsam. Durch jedes dichte Geäst
und durch jede Öffnung, durch die er feinen Kopf zwängen kann, schlüpft er
hindurch. Seine dunkelbraune Farbe verrät ihn nicht. Auch wird der
dottergelbe Kehlfleck bein: Klettern nicht sichtbar, da sich der Körper
wegen der kurzen Beine so dicht de:n Stamme oder den Ästen anschmiegt.
Wie der Baummarder auf Raub ausgeht. Dunkle Nacht ruht über dem
Walde. Ausgeschlasen hat der mordlustige Räuber in seinem weichen Krähen¬
oder Eichhörnchennest. Nun beginnt sein blutiges pandwerk. Behutfan: schleicht
er beutesuchend über die Äste und Zweige. Seine weichbehaarten Fu߬
sohlen (Katze!) machen seine Schritte unhörbar. Die langen Spürhaare
der Oberlippe sagen ihm, wo er geräuschlos durch dichtes Laubwerk einen ge¬
eigneten Durchschlups findet. Er schnüffelt in jedes Astloch hinein, prüft jeden
Zweig, den er betritt, denn sein überaus seiner Geruch gibt ihm an, ob
hier vor kürzerer oder längerer Zeit ein Tjer gesessen hat. Endlich trifft er
ein schlafendes Vöglein, sieht eine Krähe, Elster, Drossel oder einen feisten Birk- und