XIV. Hymne.
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9. Wunsch großer Aussicht, aber nur Glücklichen *),
Wenn du, die süße Stunde der Seligkeit,
Da wir dich wünschen, kämst; wer gliche
Dem, der alsdann mit dem Tode ränge?
10. Dann 2) mischt ich kühner unter den Throngesang 3)
Des Menschen Stimme, sänge dann heiliger
Den meine Seele liebt, den Besten
Aller Geborneu, den Sohn des Vaters!
11. Doch laß mich lebend, daß am erreichten Ziel
Ich sterbe, daß erst, wenn es gesungen ist,
Das Lied von dir, ich triumphierend
Über das Grab den erhabnen Weg geh!
12. O du mein Meister, der du gewaltiger3 *)
Die Gottheit lehrtest, zeige die Wege mir,
Die du da gierigst3), worauf?) die Seher,
Deine Verkündiger, Wonne sangen!
13. Dort ist es himmlisch! Ach, ans der Ferne Nacht3)
Folg ich der Spur nach, welche du wandeltest;
Doch fällt von deiner Strahlenhöhe
Schimmer herab, und mein Auge sieht ihn.
14. Dann hebt mein Geist sich, dürstet nach Ewigkeit,
Nicht jener kurzen, die aus der Erde bleibt3 *);
Nach Palmen ringt er, die im Himmel
Für der Unsterblichen Rechte10) sprossen.
15. Zeig mir die Laufbahn, wo an dem fernen Ziel
Die Palme wehet")! Meinen erhabensten
Gedanken, lehr ihn Hoheit, führ ihm
Wahrheiten zu, die es ewig bleiben^)!
man in und auf das Grab Blumen streut. In „Rothschilds Gräber" sagt der Dichter: „Streuet
Blumen umher! Der Frühling ist wieder gekommen! Wiedergekommen, ehr' ihn (den König) I
Blüte bekränzte sein Grab! Danienö schöne Sitte, die selbst dem ruhenden Landmann Freudighoffend
das Grab jährlich mit Blumen bedeckt, Sei du festlicher jetzt, und streu um des Königs Gebeine, Auf¬
erstehung im Sein, Kränze des Frühlings umher!" — 1) „Nur Glücklichen, denen, welche die Hoff¬
nung der Unsterblichkeit und der Auferstehung glücklich macht." Klopstock- „Wenn du süße, selige
Stunde des Todes kämst, da wir dich wünschen, was ein Wunsch ist, dessen Erfüllung den an Un¬
sterblichkeit Glaubenden große, erhabne Aussicht öffnet, was gliche dem, der u. s. w." Weickert. —
2) Wenn ich schon ein Auferstandener wäre. — 3) Gesang der Engel vor dem Throne Gottes. —
4) Bon dem Wunsche des Sterbens ruft er sich zurück; er will noch leben, bis er seinen Messias voll¬
endet hat. — 5) Vgl. Matth. 7, 29: „Er lehrt sie wie Einer, der da Macht hat, und nicht wie ihre
Schriftgelehrten und Pharisäer." Luk. 4, 32: „Und sie erstaunten über seine Lehre, denn seine Rede
war gewaltig." Über den Komparativ s. Schulgr. 8- 290, 3. — 6) Gebet an den Erlöser, ihm Hoheit
und Würde der Gedanken zu seinem Gesänge zu verleihen. — 7) Auf welche sie die Seher prophe¬
tisch hinwiesen. — 8) Aus dunkler Ferne, wo mir manches unklar ist. Der Dichter bekennt hier
seine Schwäche. —9) d. i. Nachruhm, wovon es im „Zürichersee" Str. 13 S. 349 heißt: „Die
Unsterblichkeit ist ein großer Gedanke, ist des Schweißes der Edeln werth!" Begeistern und bessern
will er die Menschen und so sich der Ewigkeit würdig machen. — 10) Rechte Hand. Früher hieß die
Stelle: „Nach Palmen ringt er, die der-Seraph um der Unsterblichkeit Rechte windet. — 11) Zeige
mir den Weg, aufwelchem ich diese Palmen erringen kann. — 12) „Nicht blos glänzende, erhabene
Gefühle will er im Messias aussprechen, sondern ewige Wahrheiten, die nur (Str 16) ein Nachhall
derer sind, welche der Heiland selbst aussprach." G ö tzin g er.