Leben und Sitte der römischen Heldenzeit.
133
römische Staat schon in sehr frühen Zeiten auf den Handel legte, nament¬
lich darin, daß bereits im ersten Jahre der Republik ein Handelsvertrag
mit Karthago geschlossen ward.
Sehr viel ward in den früheren Zeiten auf Werke, die zum allge¬
meinen Nutzen dienten, verwendet, namentlich auf Wasserleitungen, Kloaken
und Heerstraßen. Diese Hauptdenkmale der römischen Größe, welche mehr
Bewunderung verdienen als alle ägyptischen Prachtgebäude und alle indi¬
schen Felsentempet, zeichneten sich ebenso sehr durch den Nutzen aus, den
sie leisteten, als durch den ungeheueren Aufwand, den sie erfordert haben
müssen. Die Römer übertrafen hierin selbst das griechische Volk.
Zu Rom war überhaupt in den älteren Zeiten alles auf den Staat
und seine Größe, nicht auf den Glanz des Privatlebens gerichtet; das aus
der Kriegsbeute und den Abgaben der Unterworfenen eingenommene bare
Geld ward zu öffentlichen Anlagen verwendet, die einen bestimmten Zweck
hatten und einen allgemeinen Nutzen gewährten. Solche Werke erforderten
natürlich sehr bedeutende Summen. So sehr daher auch die Erzählungen
von der Armut und Einfachheit der angesehenen römischen Familien früherer
Zeit übertrieben sein mögen, so sind sie doch im wesentlichen nicht unwahr¬
scheinlich. Sie würden dies wegen der Berichte über den Wucher der
Patricier gegen die Plebejer doppelt sein, wenn wir nicht wüßten, daß die
Römer zwar erst zu P y r r h u s' Zeit eigene Münzen prägten, vorher aber sich
des etruskischen, latinischen und griechischen Geldes bedienten. Die Sitten
und die Lebensweise waren höchst einfach. Einen großen Gegensatz gegen
jene öffentlichen Gebäude bildeten die Privathäuser, die nach den Angaben
römischer Schriftsteller bis zu Pyrrhus' Zeit entweder ganz von Holz oder
doch wenigstens mit Holz gedeckt waren. Diese Einfachheit ward durch die
ganze Einrichtung des römischen Lebens lange Zeit erhalten, und sogar die
ewigen Kriege trugen viel dazu bei. Die Römer waren fast beständig in
Kriege verwickelt, jeder Bürger war Soldat, der Senat und alle höheren
Beamten bestanden aus verdienten Offizieren, die Sitten des Lagers er¬
hielten also gleich anfangs das Übergewicht über den Luxus, der in der
letzten Zeit der Könige herrschend zu werden begonnen hatte; das allge¬
waltige Beispiel des ersten Standes aber wirkte auf die niedern Stände
wohlthätig zurück. Nur das weibliche Geschlecht kannte und übte einigen
Luxus im Privatleben. Der Landbau und der Kriegsdienst bildeten die
Hauptgeschäfte des Römers und waren die einzigen ehrenvollen Arten von
Thätigkeit. Der letztere war den Römern dasselbe, was den Völkern des
Mittelalters die Jagd war, ein zur Gewohnheit gewordenes Spiel, ein
Vergnügen, ein aus der ganzen Lebenseinrichtung und dem herrschenden
Geiste beruhendes Bedürfnis. Die durch die Kriege sich mehrende Zahl
von Sklaven wirkte in der früheren Zeit nicht nachteilig auf den Geist und
die Sitten des römischen Volkes ein. Der Sklave stand nämlich damals
in einem ganz anderen Verhältnis zu seinem Herrn als später, weil er
Meistens nur zum Ackerbau verwendet wurde und dieses Geschäft in Gemein¬
schaft mit dem Herrn und seiner Familie trieb. Außerdem standen aber
auch die Völker, mit welchen die Römer damals Krieg führten, ihnen sehr