C. III. A. 2. Peter Rosegger. 
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Der Pfarrer ist Tag und Nacht nicht daheim, sitzt in den entlegensten 
Hütten bei den Kranken, sorgt für Seelentrost und auch für leiblich Wohl, 
hat ihm gleichwohl der Freiherr geraten, sich nicht mit weltlichen Dingen 
zu befassen. 
Letztlich, da er doch einmal daheim in seinem warmen Bett schläft, 
klopft es jählings ans Fenster. 
„'s ist eine rechte Grobheit, Herr Pfarrers ruft es draußen in der 
pechfinsteren Nacht. „Ein Versehgang ist in die Lautergräben hinüber. 
Wir wissen uns nicht zu helfen. Steht uns bei! Mein Bruder will versterben!" 
„Wer ist denn draußen?" fragt der Pfarrer. 
„Die Anna Maria Holzer bin ich. Der Bartelmei will uns verlassen." 
„Ich komme", sagt der Pfarrer; „wecket nur auch den Schulmeister/ 
daß er die Laterne und das Heiligste bereite. Das Läuten soll er lassen; 
es schläft ja alles." 
Das Weib hat mich aber doch gebeten, daß ich die Zügenglocke läute, 
auf daß auch andere Leute für den Sterbenden beten möchten. Und als 
der Pfarrer danach zwischen den Häusern hingeht und das Weib mit der 
Laterne und dem Glöcklein vorauswandelt, da knien an den Haustüren 
schlaftrunkene Menschen und beten. 
Es ist eine stürmische Winternacht; der Wind saust über die Lehnen 
und pfeift durch das kahle, gefrorne Geäste der Bäume. Schneestaub wir¬ 
belt heran und verlegt den Weg und stiebt in alle Falten der Kleider. 
Das Weib eilt mit Hast voran, und die roten Scheintafeln der La¬ 
terne zucken auf dem Schneegrunde hin und her, und das Glöcklein schrillt 
unablässig; aber die Töne verklingen im Sturmwind, und die Menschen des 
Dörfleins sind wieder zur Ruhe gegangen, und auch ich bin, nachdem ich 
den zweien eine Weile nachgeblickt, in meine Stube zurückgekehrt. 
Ich will es aber niederschreiben, was dem Pfarrer in derselbigen Nacht 
begegnet ist. Es ist durch kein Beichtsiegel verschlossen. 
Als unser Vater Paul an dem Bette des Kranken steht, sagt dieser: 
„Gedenkt es der Herr Pfarrer noch, wie Er in die Karwässer gekommen 
ist? Gedenkt Er's? 's ist lang vorbei; wir beid' haben seither wohl was 
erfahren, sind eisgrau geworden, bei meiner Treu!" 
Der Pfarrer ermahnt den alten Kohlenbrenner, sich durch angestrengtes 
Reden nicht aufzuregen. 
„Und kann Er sich erinnern, was ich damalen hab' gesagt: ich hätt' 
auch mein Anliegen und kunnt' leicht einmal von einem geistlichen Herrn 
eine große Gefälligkeit brauchen? Dieselb' Zeit ist jetzt da. Ich lieg' auf 
dem Todbett. 
Den Ehrenwald-Franz hab' ich schon angeredet, daß er mir die Truhen 
zimmert. Und mit meinem Leib tät's nachher in Richtigkeit sein; — aber mit 
meiner Seel'! Pfarrer, verzeih'mir's Gott, die ist Dir schwarz wie der Teufel." 
3. Der Eigentümer des Waldes. 15. Die „Zügenglocke" verkündet, daß ein 
Mensch in den letzten Zügen liegt. 40. Den Sarg. 
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