Full text: Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken (Reihe 3)

Die Zeit der innern Kriege, bis zur Alleinherrschaft Chlothars des Zweiten. 359 
Diesmal hatte es der Adel ernst gemeint. Nachdem der Mord mi߬ 
lungen war, sollte das Königtum mit Waffengewalt offen bekämpft werden. 
Das Aufgebot der aufrührerischen Großen schien stark genug, es mit dem 
königlichen Speere aufzunehmen. Es bestand ans den Abhängigen mannig¬ 
facher Art, die in diesen Reichen die Macht der Großen bildete; Knechte, 
Freigelassene, Koloncn, Hintersassen, Schützlinge, vielleicht auch noch Spuren 
alter Gefolgschaften, das ist ..die Menge von Männern", die, nach Gregors 
Ausdruck, „zu ihnen gehörte".*) 
Es ist Guntrams Verdienst, der Empörung einen wohlberechneten 
Widerstand geboten zu haben. Er lud feinen Neffen zu einer Zusammen¬ 
kunft in Andelot an der Grenze von Austrnfien und Burgund, zwischen 
Langres und Nancy, ein (587). Brunhilde begleitete ihren Sohn, und 
Guntram söhnte sich bei dieser Gelegenheit völlig mit ihr aus, während 
er bis dahin eine vorsichtig abwartende Haltung gegen sie beobachtet hatte. 
Das erste, worüber man sich einigte, war, daß der höchst gefährliche, ^un¬ 
zuverlässige G untram-Bo so, der in Andelot weilte, ans dem Wege 
geräumt werde; er hatte auch sicher durch feine vielfachen Ränke den Tod 
verdient, wie so viele andere. Da der Mann aber bei seinem Untergang 
eine gewisse, wenn auch verwilderte Heldengröße zeigt, so teilen wir Gregors 
Bericht über feinen Tod unsern Lesern mit. Schon vorher hatte Childebert 
ihn hinrichten lassen wollen; da sich aber Bofo in den Schutz des Bischofs 
Agerich von Berdun begeben hatte, so hatte Childebert die Verurteilung 
des Herzogs bis auf Guntrams Ausfpruch aufgeschoben und ihn einstweilen 
der Hut des Bischofs übergeben, der gelobte, ihn dann nicht länger zu 
schützen. Als nun die Könige zusammenkamen, wurde Boso mannigfacher 
Frevel schuldig erfunden, und der Befehl erging, ihn zu töten. Wie aber 
Der Herzog vernahm, daß er verurteilt sei, floh er in^ das Haus des Bi¬ 
schofs Magnerich von Trier, der sich auch in der Stadt aufhielt. Hier 
schloß er die Thüren, hieß die Geistlichen und Diener des Bischofs sich 
entfernen und sprach zu Diesem: „Bei dir suche ich Schutz, heiliger Bischof. 
Ich weiß, du stehst bei den Königen in hohen Ehren, du kannst mich 
retten. Siehe, meine Mörder stehen schon vor der Thür. Rette mich, 
oder wisse, wenn du mich nicht schützest, töte ich dich zuerst, dann trete ich 
hinaus und sterbe. Du bist König Childeberts Taufpate; was du von ihm 
erbittest, erlangst du. Erwirke mir also Verzeihung, oder wir sterben zu¬ 
sammen." Das alles aber sprach er mit gezücktem Schwerte. Der Bischof 
rief voll Bestürzung: „Was kann ich thun, wenn ich hier von dir fest¬ 
gehalten werde? Laß mich los, damit ich gehe und des Königs Gnade für 
*) Vgl. Sahn, Urgeschichte Band 3, S. 412. Zum Folgenden auch Löbell, 
Gregor und seine Zeit, S. 205 f.
	        
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