Full text: Deutsche Lyrik des 19. Jahrhunderts

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Klaus Groth. 
Blumen und Gräser. 
1. 
Mit Ahnungsschauern, o Natur, 
Hast du den Knaben angezogen, 
Wenn ich den Duft von Wald und Flur, 
Von Gras und Blumen eingesogen. 
Wenn ich das Leben um mich sah, 
Wie Keim und Blättchen emsig sprießen: 
Geheimnis flüsternd hört' ich da 
Sich Geisterstimmen liebend grüßen. 
Sie locken mich, sie rufen mich, 
Sie grüßen mich und sprechen leise; 
Die Stimmen schwinden, heben sich, 
Und singen eine alte Weise. 
Ich ahne eine andre Welt, 
Ich neige schüchtern mich zu lauschen . . . 
Du Zauberwesen, das mich hält, 
Wir müssen Seel' um Seele tauschen! 
2. 
Ich dränge mich in eure Kreise, 
Ihr Geister all im grünen Kleid! 
Was deutet eure alte Weise 
Von Blumenliebe, Blumenleid? 
Was winkt ihr mir und seht mich an? 
Ihr konnt' nicht fliehn! Ich muß euch kennen 
Wie tief versteckt, ich werd' es sehn, 
Ihr sollt mir das Geheimnis nennen! 
Ihr sollt mir sagen, wer ich sei. — 
Ich bin auf Erden nicht zu Hause. 
Ihr grünt und blüht so frisch und frei, 
Ich fühle mich in enger Klause. 
Mir ist nicht heimisch hier zu Sinn. 
Es zieht mich — was ich auch betreibe — 
Ich glaube fast, zum Himmel hin; 
Ich weiß nicht recht, warum ich bleibe.
	        
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