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allen Seiten offen ist, so daß die Seebrise ungehindert hindurchstreifen kann.
Ein gewöhnliches Haus mißt etwa 100 Fuß im Umfang, während die Höhe
des Daches etwa 20 Fuß beträgt. Als bestes Bauholz gilt das Holz des
Brotfruchtbaumes, das, ähnlich dem Mahagoniholz, alle anderen Hölzer an
Dauerhaftigkeit übertreffen sol. Genau wie wi haben auch die Samoaner
ihre gelernten Bauhandwerker und Schiffsbauer.
Die Flur des Hauses wird von einer 6 bis8 Zoll hohen Aufschüttung
loser Kieselsteine gebildet, auf die eine Schicht Korallen oder kleiner, von
der See rund gewaschener Steine zu liegen kommt. Hierüber werden
Matten gebreitet, und damit ist eine Lagerstätte geschaffen, wie man sie sich
besser kaum wünschen kann.
Man muß eben in Samoa gewesen sein, muß in einem samoanischen
Hause gerastet haben, um zu wissen, wie sanft sich's auf Steinen ruhen
läßt. Einer der größten Vorzüge der samoanischen Lagerstätte ist es, daß
sich darin alles Ungeziefer ebenso unbehaglich zu fühlen scheint, wie der
Mensch sich darauf wohl fühlt. So oft ich in samoanischen Häusern ge⸗
rastet habe, nie bin ich von andern Plagegeistern als von Moskitos heim⸗
gesucht worden. — Seitlich vom Mittelpfeiler des Hauses befindet sich ein
kleiner, 2 bis 3 Zoll tiefer Lehmherd, der aber nur Beleuchtungszwecken
dient. Das Kochen wird im Kochhause besorgt, das in einiger Entfernung
vom Wohnhause liegt.
Einer freundlichen Einladung folgend, lassen wir uns auf dem Boden
eines der Häuser nieder und schlürfen mit köstlichem Wohlbehagen die Milch
einer soeben vom Baume heruntergeholten, halbreifen Kokosnuß. Eine Schar
halbnackter Kinder macht sich mit unseren Beinen zu schaffen, betastet neu—
gierig unsere Stiefel oder beschäftigt sich sonstwie mit uns.
3. Wie mit wenig Arbeit, so kommen die Samoaner auch mit wenig
Hausrat aus. Außer Matten, Schlummerrollen und Tapavorhängen finden
wir als Wasserbehälter etwa ein halbes Dutzend ausgetrockneter Kokosnüsse,
einige quer durchgeschnittene, als Trinkgefäße benutzte Nußschalen und eine
aus dem Stamm des Brotfruchtbaumes geschnitzte, flache Holzbowle, die zur
Bereitung des samoanischen Nationalgetränkes, der „Kawa“, dient. Diese
Bowlen und einige besonders feine, zuweilen von Geschlecht zu Geschlecht
vererbte Matten bilden den. Stolz nicht nur der samoanischen Hausfrau,
sondern der gesamten Familie. Dazu kommen noch einige Fliegenwedel
aus Bast, aus Blattstreifen geflochtene Fächer, vielleicht ein Speer zum
Fischstechen, Ruder, Netze, ein unter dem Dache steckendes Schießgewehr und
ein dem Speckmesser der Walfischfänger nachgebildetes Schlachtschwert: das
ist wohl die vollständige Ausstattung eines samoanischen Haushaltes.
Freigebigkeit und Gastlichkeit sind die beiden hervorstechendsten Eigenschaften
des samoanischen Volkscharakters. Wenn trotzdem heutzutage der Samoaner,
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