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Nachdem „das wunderbare Geheimnis", wie die neue Kunst in einem
Kontrakte Gutenbergs mit der Stadt Straßburg genannt wurde, seit der
Eroberung von Mainz im Jahre 1462 in alle Laude ausgegangen, erfolgte
eine so überraschende Verbreitung, daß sich noch jetzt bis zum Jahre 1500
die Namen von mehr als tausend Buchdruckern, größtenteils deutschen Ur¬
sprungs , nachweisen lassen. In Mainz selbst wurden noch im Zeitalter
der Wiegendrucke nicht weniger als fünf, in Ulm sechs, in Basel sech¬
zehn, in Augsburg zwanzig, in Köln einundzwanzig Buchdruckereien er¬
richtet. In Nürnberg wurden bis zum Jahre 1500 fünfundzwanzig Buch¬
drucker als Bürger aufgenommen. Der bedeutendste unter den dortigen
Druckern war seit dein Jahre 1470 Anthoui Koburger, der mehr als hundert
Gesellen beschäftigte, mit vieruudzwanzig Pressen arbeitete und auch noch
auswärts, vornehmlich in Basel, Straßburg und Lyon drucken ließ. Eine
fast ebeusogroße Thätigkeit, wie Koburger, entfalteten zum Beispiel Haus
Schöusperger in Augsburg, die Baseler Meister Johann Amorbach, Wolf¬
gang Lachuer, Johann Froben; letzterer gehört zu den wissenschaftlichsten
Buchdruckern, die es je gegeben hat. Eine große Reihe der tüchtigsten
Männer verwandten ihre Kräfte auf die Vervollkommnung der neuen
Kunst. Bereits im Jahre 1471 fing der berühmte Buchdrucker Kourad
Schweyuheim au, Landkarten in Metallplatten zu drucken; Erhard Ratdolt
machte im Jahre 1482 den ersten Versuch, mathematische und architektonische
Figuren durch die Presse zu vervielfältigen, und Erhard Öglin erfand die
Kunst des Notendrucks mit beweglichen Lettern.
Während so in Deutschland ein fröhliches Schaffen sich Bahn brach,
verbreiteten deutsche Drucker die neue Kunst nach Subiaco und Rom, nach
Siena, Venedig, Foliguo, Perusia, Modena, Ascoli, Urbiuo, Neapel,
Messina und Palermo. Bis zum Ende des fünfzehnten Jahrhunderts traf
mau in Italien über hundert deutsche Buchdruckereien au. Einem deutschen
Meister verdankt Italien die erste, mit den Erläuterungen Cristoforo
Laudinos im Jahre 1481 erschienene Ausgabe von Dantes Göttlicher
Koinödie, deren mit reichen Miniaturen und Raudarabeskeu geschmücktes
Dedikationsexemplar noch heute eine Zierde der Magliabecchischeu Biblio¬
thek in Florenz bildet.
Eine fast ebenso rasche Verbreitung wie in Italien fand die Buch¬
druckerkunst durch deutsche Meister in Frankreich und Spanien. In Spanien
belief sich die Zahl der deutschen Druckereibesitzer bis etwa zum Jahre 1500
auf mehr als dreißig, die in Valencia, Saragossa, Sevilla, Barcelona,
Tolosa, Salamauca, Burgos und in andern Städten nach dem Zeugnis
Lope de Vegas als „Waffenschmiede der Bildung" thätig waren. Der
Nürnberger Arzt Hieronymus Münzer, der im Jahre 1494—1495 die
pyreuäische Halbinsel beresite lind über seinen dortigen Verkehr mit vielen