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Allgemeines Menschenleben. 
Besitz, aus der sich die Zeitkrankheiten des Strebertums und der Genußsucht ent¬ 
wickeln. Ein solches Gegengewicht liegt in der Strenge des militärischen Dienstes 
mit seinen körperlichen und moralischen Anforderungen. Nirgends wird die Macht 
des Gemeinsinnes so unmittelbar zum Bewußtsein gebracht wie im Heeresdienste, 
wo jeder unter Umständen bereit sein muß sein Leben für den andern einzusetzen. 
Der militärische Dienst hebt ferner namentlich auch die Entschlossenheit und 
den Mut des jungen Mannes. Nicht jeden Menschen hat die Natur mit diesen 
Eigenschaften ausgerüstet. Die Erziehung kann durch Stärkung der Willenskraft 
nachhelfen, die Pflichttreue überwindet den Mangel der Natur. Ein mächtiger 
Hebel ist die Ehre bzw. die Furcht vor der Schande. Hier wirkt vor allem die 
Erziehung durch die Kameradschaft, durch die Förderung des Gemeinsinns, indem 
die Schande des einzelnen als Schande für die ganze Truppe gefühlt wird. 
Der Heeresdienst ist von hoher Bedeutung auch für die Gesundheit der 
Nation. Während der Dienstzeit wird der Sinn für körperliche Reinlichkeit 
geweckt, auf Waschen, Baden, Reinheit der Wäsche und des Anzugs wird Gewicht 
gelegt. Ferner stählen die Körperübungen, wie z. B. Turnen, Reiten, Fechten, 
Schwimmen, Marschieren usw. den jungen Mann, machen tfjn gewandt und 
leistungsfähig und wirken dadurch auch mittelbar auf seinen Geist ein. Übung 
macht den Meister und das Bewußtsein auch außergewöhnliche Anstrengungen 
und Strapazen ertragen zu können gibt Selbstvertrauen. 
Im 20. Jahrhundert wird ein Kulturvolk nur zur Wahrung seiner Freiheit 
und Ehre, zur Verteidigung von Haus und Herd, zur Sicherung seiner Lebens¬ 
interessen zur Waffe greifen, und erst dann wird der Krieg ausbrechen, wenn 
alle Mittel zur friedlichen Verständigung erschöpft oder ganz aussichtslos sind. 
Der Wille den Frieden so lang als irgend möglich aufrecht zu erhalten geht 
durch die ganze Kulturwelt und mit diesem Willen auch die Einsicht, daß sich 
jede Nation ihren Frieden am besten durch diejenige Heeresorganisation wahrt, 
die sie für die zweckdienlichste hält. Muß der Krieg erklärt werden, so wird es 
das Bestreben jeder Nation sein möglichst rasch seine Entscheidung herbeizuführen, 
weil die großen Massen der heutigen Heere, welche die Blüte und Arbeitskraft 
der Nation enthalten, nicht auf lange Zeit entbehrt werden können, wenn nicht 
der ganze Organismus des Volkes aufs schwerste geschädigt werden soll. Ob 
es bei den heutigen Massenheeren gelingen wird eine Entscheidung in so kurzer 
Zeit herbeizuführen, wie dies in den Jahren 1866 und 1870/71 der Fall war, 
ist zweifelhaft, nicht zweifelhaft ist es aber, daß dasjenige Heer einen Vorsprung 
haben wird, dessen Kriegsvorbereitungen die besseren sind. Diese Vorbereitungen 
so zu treffen, daß ein Erfolg im Kriege mit möglichster Sicherheit erreicht werden 
kann, ist die Aufgabe unserer Heeresverwaltung. 
Daß es dem Heere nie an Männern in hervorragender Stellung fehlen 
möge, die der Erhaltung und Weiterentwicklung der deutschen Wehrkraft ihr 
Bestes in freudiger Selbstlosigkeit zur Verfügung stellen, und daß es demjenigen 
Teil unserer deutschen Jugend, der den Dienst im Heere zu seinem Berufe zu
	        
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