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II. Aus dem Menschenleben.
zusammengefaltet dalag und gab es dem Boten zu lesen: Es war eine
Schenkungsurkunde über ein prächtiges Schloß mit allem Zubehör. Das
hätte der Täufling haben sollen; aber nun zerriß der Bischof den
Schenkungsbrief und aus dem Schlosse machte er ein Krankenhaus. Da
hatte man sich wünschen mögen, krank zu werden, um auch in die hohen,
schönen Zimmer zu kommen und in eins von den breiten Himmelbetten
drin. Und er nannte das Schloß das Juliusspital: so heißt es noch
heute und besteht schon mehr als dreihundert Jahre. Wie viel tausend
arme Kranke es in all dieser Zeit beherbergt hat, das weiß niemand
zu sagen; des Bischofs Name aber ist im Segen geblieben.
Karl Hessel. Musterproben.)
73. Die Wüöe.
Es waren einmal zwei Brüder, die dienten beide als Soldaten;
der eine war reich, der andere arm. Da wollte der arme sich aus der
Not helfen, zog den Soldatenrock aus und ward ein Bauer. Also grub
und hackte er sein Stückchen Acker und säte Rübsamen. Der Same ging aus,
und es wuchs da eine Rübe, die ward groß und stark und zusehends dicker
und wollte gar nicht aufhören zu wachsen, so daß sie eine Fürstin aller
Rüben heißen konnte; denn nimmer war so eine gesehen worden und
wird auch nimmer wieder so eine gesehen werden. Zuletzt war sie so
groß, daß sie allein einen ganzen Wagen anfüllte und zwei Ochsen daran
ziehen mußten, und der Bauer wußte nicht, was er damit ansangen
sollte, und ob's sein Glück oder sein Unglück wäre. Endlich dachte er:
Verkaufst du sie, was wirst du Großes dafür bekommen? Und willst du
sie selber essen, so tun die kleinen Rüben denselben Dienst; am besten
ist, du bringst sie dem König und machst ihm eine Verehrung damit.
Also lud er die Rübe auf den Wagen, spannte zwei Ochsen vor, brachte
sie an den Hof und schenkte sie dem Könige. „Was ist das für ein seltsam
Ding?" sagte der König; mir ist viel Wunderliches vor die Augen ge¬
kommen, aber so ein Ungetüm noch nicht; aus was für Samen mag
die gewachsen sein? Oder dir gerät's allein, und du bist ein Glückskind."
„Ach, nein," sagte der Bauer, „ein Glückskind bin ich nicht; ich bin
ein armer Soldat, der, weil er sich nicht mehr nähren konnte, den Soldaten¬
rock an den Nagel hängte und das Land baute. Ich habe noch einen
Bruder, der ist reich und Euch, Herr König, auch wohlbekannt; ich aber,
weil ich nichts habe, bin von aller Welt vergessen." Da empfand der
König Mitleid mit ihm und sprach: „Deiner Armut sollst du überhoben
und so von mir beschenkt werden, daß du wohl deinem reichen Bruder
gleichkommst." Da schenkte er ihm eine Menge Gold, Äcker, Wiesen
und Herden und machte ihn steinreich, so daß des andern Bruders
Reichtum gar nicht damit verglichen werden konnte.