—
— 23 —
lander seines Hauses. Dieser mächtige König, der bereits ¿m so
weitläufiges Reich besaß, daß die Sonne in demselben nicht un¬
terging, strebte gleich nach dem Hintritte seines Großvaters Maxi¬
milian auch nach der glänzendsten Krone von allen, der deutschen
Kaiserkrone. Schon sein Großvater hatte ihn auf dem Reichstage
zu Augsburg den Fürsten empfohlen, indem er ihnen vorstellte,
daß seine Voreltern diese höchste Würde schon seit geraumer Zeit
verwaltet hatten, daß sein deutsches Erbe an jene Gegenden grenze,
welche den Anfallen der Türken am meisten ausgeseßt waren, und
daß seine Macht mehr als hinreichend sei, diesen gefürchteten Erb¬
feind der Christenheit zurückzuweisen. Gleichwohl schienen diese
Beweggründe seine Erwartung so wenig zu befördern, daß sie
vielmehr die Erfüllung derselben in ihrem Fortschritte hemmten.
Denn die Fürsten besorgten, es mögte alsdann in der großen Lan¬
dermasse das deutsche Reich zu einer unbedeutenden Provinz herab¬
sinken , und unter einer so umfassenden Macht mögten ihre eige¬
nen so mühsam erworbenen Freiheiten und Rechte wieder untergehen.
Sein eifrigster Nebenbuhler bei der Bewerbung war der junge
ritterliche König von Frankreich, Franz I., welcher weder Geld
noch Versprechungen sparte, um sein Haupt mit der deutschen
Kaiserkrone zu schmücken. Allein auch diesen fürchteten die Für¬
sten. Zudem hielten sie es für die deutsche Nation entehrend, ei¬
nen Franzosen zum Kaiser zu haben. Sie entschlossen sich end¬
lich, ein Oberhaupt aus ihrer eigenen Mitte zu wählen, und trugen
die Krone dem Kurfürsten von Sachsen, Friedrich dem Weisen,
an. Dieser aber, schon hochbejahrt, lehnte die glanzende Bürde ab
und lenkte die Wahl auf den jungen hoffnungsvollen Enkel Maxi¬
milians, der aus deutschem Blute stamme, das Reich zu schützen
mächtig sei, und dessen Übermacht sich durch einen strengen Wahl¬
vertrag — nachher Kapitulation genannt — für die deut¬
schen Fürsten unschädlich machen lasse. So wurde Karl im Jahre
1519 zum deutschen Kaiser gewählt und das Jahr darauf mit un¬
gewöhnlicher Pracht zu Aachen gekrönt.
Durch diese Wahl sah sich der französische König in seinen
schönsten Hoffnungen getauscht und wurde des Kaisers erbittertster