II. Familie und Heimat. 
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meines Schweißes in seinen Klauen. Das, Gertrud, das ist die Quelle 
unseres Elends." 
„O Lieber," sagte Gertrud, „darfst du nicht zu Arner, dem Landes¬ 
vater gehen? Du weißt, wie alle Witwen und Waisen sich seiner rühmen. 
Er würde dir Rat und Schutz gewähren gegen diesen Mann." 
„O Gertrud!" erwiderte Lienhard, „ich kann nicht, ich darf nicht: 
was will ich gegen den Vogt sagen, der tausenderlei anbringt, kühn 
und schlau ist und hundert Helfershelfer und Wege hat, einen armen 
Mann vor der Obrigkeit zu verschreien, daß man ihn nicht hört." 
„O Lieber! ich habe noch mit keiner Obrigkeit geredet" sagte Gertrud; 
„aber wenn Not und Elend mich zu ihr führten, ich weiß, ich würde 
die Wahrheit gerade gegen jedermann sagen können. O Teurer, fürchte 
dich nicht; denke an mich und deine Kinder, und gehe!" 
„O Gertrud!" sagte Lienhard, „ich kann nicht, ich darf nicht: ich 
bin nicht unschuldig. Der Vogt wird sich kaltblütig aufs ganze Dorf be¬ 
rufen, daß ich ein liederlicher Tropf bin. O Gertrud! ich bin nicht un¬ 
schuldig. Was will ich sagen? Niemand wird ihm vor den Kopf stoßen 
und aussagen, daß er allein mich verleitet hat. O Gertrud! könnt' ich's, 
dürft' ich's, wie gerne wollt' ich's! Aber tät' ich's, und mißläng's, 
wie würd' er sich rächen!" 
„Aber wenn du schweigst," entgegnete Gertrud, „richtet er dich un¬ 
ausweichlich zu Grunde. Lienhard, denk an deine Kinder und gehe; 
diese Unruhe unseres Herzens muß enden: gehe — oder ich gehe." 
„O Gertrud!" seufzte Lienhard, „ich darf nicht; darfst du's, ach Gott, 
Gertrud, darfst du's, so gehe schnell hin zu Arner und sag ihm alles." 
„Ja, ich will gehen," sagte Gertrud. Sie schlief keine Stunde in 
der Nacht; aber sie betete in der schlaflosen Nacht und ward immer 
stärker und entschlossener, zu gehen zu Arner, dem Herrn des Ortes. 
Und am frühen Morgen nahm sie den Säugling, der wie eine 
Rose blühte, und ging zwei Stunden weit zum Schlosse des Junkers. 
2. Gertrud bei Vater Arner. 
Arner saß eben bei seiner Linde vor der Pforte des Schlosses, als 
Gertrud sich ihm nahte. Er sah sie, er sah den Säugling auf ihrem 
Arme und Wehmut und Leiden und getrocknete Zähren auf ihrem Antlitz. 
„Was willst du, meine Tochter? wer bist du?" fragte er so lieb¬ 
reich, daß sie Mut faßte, zu reden. 
„Ich bin Gertrud," sagte sie, „das Weib des Maurers Lienhard 
von Bonnal." 
„Du bist ein braves Weib," sagte Arner. „Ich habe deine Kinder 
vor allen andern im Dorfe ausgezeichnet. Sie sind sittsamer und bescheidener
	        
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