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Meinung oder Zufall, das thut sie. Aber ein gerader und nnverkünstelter 
Bauersmann, was er thut und sagt, das thut und sagt er mit ganzer Seele 
und sieht nicht um sich, was geschieht, wenn's ihn nichts angeht. Also gab 
auch der unsrige dem König ans seine Fragen nach dem Landban, nach 
seinen Kindern, und ob er auch alle Sonntage ein Huhn im Topfe habe, 
gesprächige Antwort und merkte lange nichts. Endlich aber, als er doch 
sah, wie sich alle Fenster öffneten und alle Straßen mit Leuten sich füllten 
und alles rechts und links auswich und ehrerbietig das Haupt entblößt 
hatte, ging ihm ein Licht ans. „Herr," sagte er und schaute seinen unbe¬ 
kannten Begleiter mit Bedenklichkeit und Zweifel an, „entweder seid Ihr 
der König, oder ich bin's; denn wir zwei haben noch allein die Hüte ans 
dem Kopf." Da lächelte der König und sagte: „Ich buLs. Wenn Ihr 
Euer Rößlein eingestellt und Euer Geschäft versorgt habt," sagte er, „so 
kommt zu mir in mein Schloß. Ich will Euch alsdann mit einem Mittags- 
süpplein aufwarten und Euch auch meinen Ludwig zeigen." 
Bon dieser Geschichte her rührt das Sprichwort, ivenn jemand in einer 
Gesellschaft ans Bergessenheit oder Unverstand den Hut allein auf dem Kopf 
behält, daß man ihn fragt: „Seid Ihr der König oder der Bauer?" 
61. Das wohlfeile Mittagsessen. 
(Johann Peter Hebel.) 
Es ist ein altes Sprichwort: Wer andern eine Grube gräbt, fällt 
selber darein. Aber der Löwenwirt in einem gewissen Städtlein war schon 
vorher darin. Zu diesem kam ein wohlgekleideter Gast. Kurz und trotzig 
verlangte er für sein Geld eine gute Fleischsnppe. Hierauf forderte er auch 
ein Stück Rindfleisch und ein Gemüs für sein Geld. Der Wirt fragte 
ganz höflich, ob ihm nicht auch ein Glas Wein beliebe. „O freilich ja," 
erwiderte der Gast, „wenn ich etwas Gutes haben kann für mein Geld." 
Nachdem er sich alles wohl hatte schmecken lassen, zog er einen abgeschliffenen 
Sechser ans der Tasche und sagte: „Hier, Herr Wirt, ist mein Geld." 
Der Wirt sagte: „Was soll das heißen? Seid Ihr mir nicht einen 
Thaler schuldig?" Der Gast erwiderte: „Ich habe für keinen Thaler 
Speise von Euch verlangt, sondern für mein Geld. Hier ist mein Geld. 
Mehr habe ich nicht. Habt Ihr mir zu viel dafür gegeben, so ist's Eure 
Schuld." Dieser Einfall war eigentlich nicht weit her. Es gehörte nur 
Unverschämtheit dazu und ein unbekümmertes Gemüt, wie es am Ende ab¬ 
laufen werde. Aber das Beste kommt noch. „Ihr seid ein durchtriebener 
Schalk," erwiderte der Wirt, „und hättet wohl was andres verdient. Aber 
ich schenke Euch das Mittagsessen und hier noch ein Viernndzwanzig-
	        
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