230
Und doch — es mußte sein! — Am Herzen lag
er weinend mir. Da half kein Widerstreben.
Da mußt' ich ihn dem Vaterlande geben —
wo alles opfert, ich nicht geizen mag.
Und welch ein guter Sohn, mein Benjamin!
Ach, heut erst schuf er mir die ersten Schmerzen,
und doch so kindlich klang auch jetzt sein Bitten.
O, g'rade so riß mich's zum Krieg einst hi»,
so stürmt' ich hin einst von der Mutter Herzen.
Nun fühl' ich heut erst, was sie dort gelitten.
2.
Bevor mein liebster Sohn fortzog zum Heere,
legt' ich ihm zitternd auf die Vaterhand
inld sprach 311 ihm: „Zieh hin fürs Vaterland,
mach ihm uiib deines Vaters Namen Ehre!
Was du von mir gelernt, der Sitte Lehre,
die Gottesfurcht — auch im Soldatenstand
halt heilig sie, daß, wenn der Krieg entschwand,
der alte, gute Sohn uns wiederkehre!
O, möge dir dein edler Rittersinn
nie bringen solchen schimpflichen Gewinn,
wie einstens mir — 0, dieser ew'gen Schmach!
Viel eher fall als Held in wilder Schlacht!
In Gottes Namen denn, so ist's vollbracht.
Und nun zieh hin! — Mein Segen zieht dir nach."*)
*) Oskar von Redwitz, der als Lützowscher Jäger in den Freiheitskriegen ge¬
kämpft hatte, sandte im Greisenalter seinen einzigen Sohn in den neuen Kampf gegen
Frankreich und sah ihn mit dem eisernen Kreuz ruhmvoll geschmückt vor Paris wieder,
um ihn kurz darnach zu verlieren. In des Vaters Armen erlag der Sohn seinen
Wunden.
111. Die Rosse von Gravelotte.
«Karl Gerok)
Heiß war der Tag und blutig die Schlacht,
kühl wird der Abend und ruhig die Nacht.