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LEGCTURES GEOGRAPIQUES. 
guten Morgen“, der Böhme aber Kann es bei der Eilipfe nicht 
bewenden lafien und vollendet den Sag: „Öuten Morgen 
wünfdy ich“, „guten Abend wünfch? ich“ ; damit indeffen noch 
nicht zufrieden, nennt er auch nod) das fprechende Subjekt den 
gehorfamften Diener, und ein vollftändiger Nachtgruß (autet: 
„Sute Nacht wünfeh” ih, Ihr gehorfamfter Diener, {lafen 
Sie wohl!“ Wie im Defterreichifchen überhaupt, wird aud) 
in Böhmen jeder, der „Fein Zump“ ift, mit einem „Herr yon” 
beehrt; Dabei ift aber die Anrede in der dritten Perfon Der 
Mehrheit immer noch zu gewagt, und an die Stelle des oloßen 
„Sie“ feßt man wo möglich das „Herr von“. „Waren Herr 
yon Müller geftern im Cheater?“ „Wollen Herr Baron Bla 
nehmen?“ u. f. ww. Man wilf aud) befcheidener Weife nichts 
beftimmt wifen, fondern nur glauben, Bift du fchon in Bere 
lingewefen? „D, das glaud ich 1“ daher auch das Öfterreicht{che 
„haft“ (haft id dafür), das bei jeder Gelegenheit eingefchoben 
wird, um Die objektive Wahrheit nicht zu ftreng hinzuftellen 
und mit dem fubjeftiven Meinen zu verfüßen. Auch das „bitt 
id“ muß milderud bei Fragen und Antworten feinen Dienft 
verfehen. „Ich bitte, Haben Sie fchon die Zeitung gelefen 2” 
Mas gibt e8 Heute für Suppe, Kellner? „Bonillon mit Leber 
noderl, bitt id.“ Die Beamten find hier in einem fortwähr 
renden Avancement begriffen. Ein Hoffekretär ift „Herr Hof 
rath“, u. f. mw. Das „Wohlgeboren” auf der Horeffe an einen 
Amtsverwalter reicht nicht zus; da heißt es : „Sr. Wohlgeboren, 
dem wohlverdienten, geftrengen Herrn Amtsverwalter“, u. 
f. w. Seine Untergebenen titulicen ihr „GSeftrenger Herr“, 
fowie die Frau Gemahlin „Seftrenge Frau“. Jede anftändige 
Bürgersfrau bekonınt die Anrede „©nädige rau“. Ich lernte 
in einer Sefellfehaft eine alte vornehme Dame fennen, die 
(vielleicht nach altadeliger Sitteund ähnlich wie im Polnijchen, 
wo Die Kinder den Vater mit-dem ganzen Umtstitel anreden) 
fi von ihren Kindern nicht anders anreden ließ als „Euer 
Snaden“. Der ältefte Sohn war fchom ein würdiger Herr von 
wierzig Jahren, fagte aber zu feiner Mutter nie anders als 
„Euer Gnaden“. Der Bauer hat fchon feinen Hut unter dem
	        
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